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22. Teil der Franziskusbetrachtungen Christoph Hagen, Bernkastel-Kues
1. Vorbemerkung und Einstimmung auf die folgenden Artikel
Die
Herz-Jesu-Frömmigkeit kann von großem Wert für das religiöse
und auch sittliche Streben der Gläubigen sein.
Der Impuls, der in dieser Hinsicht Breitenwirkung entfaltet hat,
ist sicher engstens verbunden mit den Offenbarungen des heiligsten Herzens
Jesu an die heilige Maria Margareta Alacoque, die für die Neuzeit
sicher die Sendbotin des heiligsten Herzens Jesu ist.
Den Ursprung der Herz-Jesu-Verehrung deswegen aber im 17. Jahrhundert
ansetzen zu wollen, wäre indes sicher sehr verfehlt.
Zu wichtig sind die sehr ausdrücklichen Zeugnisse der heiligen
Gertrud von Helfta, um nur eine mittelalterliche Heilige zu nennen, deren
Frömmigkeit deutlich auf das Herz Christi gerichtet war.
Dem Inhalt der Herz-Jesu-Frömmigkeit nach ließen sich
Zeugnisse anführen, die in die Zeit der Kirchenväter verwiesen,
was uns auch nicht wundern darf, ist doch jede echte und damit rechtmäßige
Entfaltung in Frömmigkeit und Glaubensleben darauf angewiesen, ihre
zumindest keimhafte Verwurzelung im Christusgeheimnis zu erweisen, das
der Kirche von allem Anfang an anvertraut war mit dem Auftrag, sich immer
mehr in es zu vertiefen und so das, was in Christi Offenbarung immerhin
einschlußweise in Fülle empfangen worden ist, mit der Zeit und
unter dem Beistand des Heiligen Geistes auch ausdrücklich zu bekennen.
Weniger bedacht und betrachtet wird allerdings oft, daß die
Spiritualität des heiligen Franziskus eine Herz-Jesu-Spiritualität
ist.
Zugegebenermaßen bringen Franziskus und die „Männer der
Buße von Assisi" diesen Gehalt sprachlich nicht auf den Begriff „Herz
Jesu", was sicher dazu beiträgt, daß Franziskus nicht allzu
oft mit der Herz-Jesu-Verehrung in Zusammenschau gesehen wird; aber das,
was seine Spiritualität ausmacht, bringt das Wesen einer gediegenen,
wertvollen Herz-Jesu-Verehrung zum Ausdruck.
Darum soll hier - auch anhand von erstklassigen Quellen - diese
Seite an Franziskus beleuchtet werden.
Wenn wir uns mit dieser recht unbekannten Seite ausführlich
befassen - wegen ihrer Bedeutung denkt der Verfasser an eine breit angelegte,
möglichst allseitige Beschäftigung mit diesem Thema in mindestens
drei aufeinanderfolgenden Artikeln dieser Reihe, deren erster hier vorliegt
-, so geschieht das auch, um bei jenen, die den heiligen Franziskus verehren,
eine ernste, von Versüßlichung (die Jesus Christus entwürdigt)
freie, durch und durch gesunde Andacht zum Herzen Jesu zu fördern,
d. h. letztlich: zur Eucharistie, der Mitte und dem Herzstück unseres
Glaubens, hinzuführen und zu einem Leben aus den Sakramenten anzuregen.
Als Einstieg wollen wir ein Gebet näher anschauen, das eigentlich
schon alles Wichtige „auf den Punkt bringt".
2. „Herr, in Vereinigung ..."
„Herr, in Vereinigung mit Deiner immerwährenden
Hingabe -am Kreuz und auf dem Altar -zum Lobe und zur Ehre als Dank und
Sühne
schenken und weihen wir Dir, liebreiches Jesuherz
im Sakrament, jeden Augenblick unseres Lebens, uns selber - ganz und gar
-
durch Maria, Deine liebe Mutter, demütig
bittend: Laß uns Dich immer klarer erkennen, Dich immer inniger lieben,
damit wir - Dir vollkommen nachfolgend - mit Dir verbunden werden in ewiger
Liebe. Amen."
Dieses Gebet, das wir entweder als gute Meinung beten oder an diese
anschließen können, faßt knapp, aber treffend, die Spiritualität
zusammen, in die wir hier eingeführt werden wollen.
Wenn wir den Text des Gebetes durchgehen, fällt zunächst
auf, daß eigentlich nichts Besonderes auffällt!
„In Vereinigung mit Deiner immerwährenden Hingabe am Kreuz und
auf dem Altar..."
Der Christ braucht nicht aus eigener Kraft übermenschliche
Höchstleistungen zu erbringen; aus eigener Kraft allein könnte
er dies gar nicht: Er ist zur Mitwirkung mit dem, was Gott mit ihm plant
und selbst an ihm wirkt, aufgerufen - dies allerdings so sehr, daß
der göttliche Heilswille nur dann zum Ziel gelangen kann, wenn die
Bereitschaft zu dieser freiwilligen Mitwirkung vorhanden ist.
Ist diese Grundentscheidung gegeben, wird das natürlich gute
Handeln des Menschen übernatürlich verdienstlich.
Darum auch erwirbt der Mensch in gewisser Weise ein „Anrecht" auf
den Lohn Gottes. Es geht also darum, mit dem Erlösungswerk Christi
vereint zu sein, in seine Hingabe an den himmlischen Vater, die uns erlöst
hat, einbezogen zu werden. Gipfelpunkt dieser Hingabe ist Christi Opfer
am Kreuz, aber sein ganzes Erdenleben hat zur Erlösung beigetragen.
Mit seiner Auferstehung und Himmelfahrt endet diese Hingabe, in
deren Zentrum das Kreuzesopfer steht - Christus hat vielmehr die einst
zeitlich vollzogene Hingabe, das einst zeitlich vollzogene Erlösungswerk,
mit sich in die Ewigkeit genommen, wo sie als der Edelstein seiner Verklärung
dem himmlischen Vater immer vor Augen stehen -von Christus, unserem Mittler
im „Ewigen Heute des Himmels" geborgen.
In der heiligen Messe bricht Jesus Christus selbst mit diesem Edelstein
in die Erdenzeit ein - werden den Gläubigen die von Christus erworbenen
Erlösungsfrüchte zugewandt.
.,... als Dank und Sühne ..."
Für diese große Liebe schulden wir Gott unseren Dank,
denn er war nicht gezwungen, uns zu erlösen.
In diesen großen Dank, den wir Gott sagen, fließt aber
auch der Dank für so viele Wohltaten, die er uns und allen Geschöpfen
tagtäglich ungeschuldet erweist, mit ein. Dank führt uns auch
wieder zur Eucharistie hin - wir wissen, daß das Wort Eucharistie
Danksagung bedeutet.
Dieser Dank wird aber Gott nicht von allen Menschen dargebracht;
außerdem gibt es nicht nur Sünder, die aus Schwachheit fallen,
sondern aus Bosheit Gott beleidigen. Wenn wir uns bemühen, einigermaßen
dafür Ersatz zu leisten, so ist das die Haltung der Sühne. Auch
als Glieder des mystischen Leibes Christi, der Kirche, ist diese Haltung
angemessen: Sind wir schon auf der Ebene der Natur zur Solidarität
verpflichtet (Mit-Menschen, -Geschöpfe), so gilt das erst recht in
der Kirche (Mit-Christen).
„ ... schenken und weihen wir Dir, liebreiches Jesuherz im Sakrament..."
In der Taufe wurden wir als Glieder des mystischen Leibes Christi
angenommen, in der Firmung haben wir dies bewußt vollzogen und dadurch,
daß wir Streiter Christi wurden, entfaltet: In der Nachfolge des
heiligen Franziskus diese Hingabe und Dienstbereitschaft im Alltag lebendig
zu halten und insofern zu überhöhen, als wir nicht nur die Gebote
Gottes zu befolgen uns bemühen, sondern darüber hinaus auch auf
die Herzenswünsche Christi einzugehen, darum geht es hier. Kraftquelle
dazu ist uns das Allerheiligste Sakrament des Altares.
Gott hat uns in der Taufe bei unserem Namen gerufen, diesen Namen
schreiben wir unauslöschlich in das Herz Jesu ein!
„ ... jeden Augenblick unseres Lebens, uns selber ganz und gar ..."
Diese Hingabe an Jesus Christus, die wir vollziehen, fordert unsere
ganze Person, unsere Licht- und Schattenseiten - wir stellen sie ohne Vorbehalt
in das göttliche Licht, das uns liebevoll verwandelt, so daß
wir so werden, wie Gott uns haben will: Unsere lichten Seiten werden dann
noch heller, die Schattenseiten werden zu Lichtseiten. Wenn wir unser liebes
Ich loslassen und uns Gott überlassen, können wir nur gewinnen:
Er will nur unser Bestes, unser Heil in dieser und in der zukünftigen
Welt.
Im nächsten Beitrag wollen wir zunächst damit fortfahren,
das Gebet, das wir als Leitschnur verwenden, zu Ende zu betrachten,
und dann damit beginnen, die fünfte der sechs Predigten, die der heilige
Bonaventura über Franziskus gehalten hat, auszuwerten: Es handelt
sich dabei um eine Predigt zum Worte Christi „Lernt von mir, denn ich bin
sanft und demütig von Herzen!"
Wir wollen sie als Herz-Jesu-Predigt lesen - so möge uns mehr
und mehr aufgehen, daß der Geist des heiligen Franziskus ein liebenswerter
(!) Bußgeist ist, der uns zum Herz Jesu hinführt, das „den Büßenden
(!) als rettende Zuflucht offensteht". (Herz-Jesu-Präfation)
(Quelle: "Dienst am Glauben", Heft 3 - Juli-Sept. 2000, S. 73-75, A-6094 Axams)