Geheimnisse und Grundlagen unseres christlichen Glaubens
Der christliche Glaube

Franz Spirago - Katholischer Volkskatechismus 1914

Glauben heißt: etwas deswegen für wahr halten, weil es ein glaubwürdiger Zeuge bestätigt. Ein Missionar aus Europa erzählt den Leuten am Äquator, daß in seiner Heimat das Wasser im Winter fest werde, so daß ein Elefant über den Fluß gehen könnte. Die Leute halten das fast für unmöglich, weil sie so etwas noch nicht gesehen haben und sich das auch nicht vorstellen können. Weil sie aber den Missionar als einen rechtschaffenen und aufrichtigen Mann kennen, so halten sie seine Worte für wahr, das heißt: sie glauben. - Diese Wissenschaften beruhen nur auf dem Glauben, so die Geografie, Geschichte, Naturgeschichte, ebenso die Rechtsprechung bei Gericht. Der Schüler schenkt dem Lehrer und der Richter den Zeugen Glauben. Der Glaube ist auch die Grundlage des geschäftlichen Lebens; denn die Geschäftsleute gewähren Kredit (von credo = glauben), d. h. sie borgen, da sie der Versicherung des Käufers, in einer bestimmten Zeit zu zahlen, Glauben schenken.
Ähnlich verhält es sich auch mit den Wahrheiten der christlichen Religion. Wir halten das für wahr, was Christus gelehrt hat. Diesen Glauben nennen wir den „christlichen Glauben".

1. Der christliche Glaube ist die durch Gottes Gnade erlangte feste Überzeugung, daß alles wahr ist, was Jesus gelehrt hat, und was in seinem Auftrage die katholische Kirche lehrt.

Beim letzten Abendmahl sagte Christus: „Das ist mein Leib", „Das ist mein Blut". Obwohl den Aposteln ihre Augen sagten: „Das ist Brot", „Das ist Wein", waren sie dennoch fest überzeugt, daß die Worte Christi wahr sind. Die Heiligkeit des Lebens Christi, die vielen Wunder, die er gewirkt hatte, die verschiedenen Weissagungen Christi, die bereits in Erfüllung gegangen waren, hatten den Aposteln die Gewißheit verschafft, daß Er der Sohn Gottes ist, und daß daher die Wahrheit seiner Worte nicht im mindesten bezweifelt werden kann. - Dem Abraham versprach Gott eine zahlreiche Nachkommenschaft, und dann gab er ihm den Befehl, seinen einzigen Sohn zu schlachten. Abraham trug kein Bedenken, den Willen Gottes zu erfüllen; er war fest überzeugt, daß Gott trotzdem sein Wort halten werde (Heb. 11, 19; Rom. 4, 9). Welch ein Glaube! Der hl. Paulus nennt den Glauben eine feste Überzeugung von dem, was man nicht sieht (Hebr. 11, 1). ... Der christliche Glaube macht das eigene Denken nicht überflüssig; denn der christliche Glaube ist Sache der Vernunft und des Willens zugleich.
Die Vernunft geht dem Glauben voraus (Pius IX.). Denn bevor jemand glaubt, untersucht er erst, ob das, was er glauben soll, wirklich von Gott kundgemacht sei. Dieses Untersuchen will Gott, denn er verlangt einen vernünftigen Dienst (Rom. 12, 1) und erklärt den für leichtsinnig, der schnell glaubt (Sir. 19, 4). - Hat man aber einmal die Gewißheit erlangt, daß das zu Glaubende wirklich von Gott geoffenbart ist, dann soll sich der Wille sofort dem Ausspruche Gottes unterwerfen, selbst wenn die betreffende Lehre von der Vernunft nicht begriffen werden kann. Allerdings kann sich der Wille auch widersetzen, und dann gelangt man nicht zum Glauben. „Denn es kann niemand glauben, wenn er nicht will" (hl. Aug.).

2. Der christliche Glaube bezieht sich auf solche Dinge, die wir mit unsern Sinnen nicht wahrnehmen oder mit unserm Verstände nicht begreifen können.

Wenn man etwas mit den Sinnen wahrnehmen (z. B. sehen, hören, fühlen) kann, so ist der Glaube überflüssig; desgleichen wenn man etwas mittelst des Verstandes erfassen kann, z. B. 2 mal 2 = 4. Die Wahrheiten der Religion dagegen erfordern den Glauben; denn die meisten Wahrheiten der Religion sind übersinnlich, d. h. mit den Sinnen nicht wahrnehmbar, so Gott, Seele, Engel; viele sind sogar unbegreiflich, so das Geheimnis der Hl. Dreifaltigkeit und das Altarsakrament. Dies kommt daher, weil Gott unendlich ist und daher mit unserem schwachen Verstände nicht erfaßt werden kann. Wenn schon in der Natur soviel Dinge für uns unerklärlich sind, um wie viel mehr erst Gott und die göttlichen Dinge. Wenn man schon die Sonne, ein Geschöpf Gottes, mit dem freien Auge nicht betrachten kann, um wie viel weniger ist Gott zu ergründen! - Gerade deshalb, weil wir das glauben, was wir weder sehen noch begreifen können, ist der Glaube so verdienstlich und Gott wohlgefällig. Daher sagt Christus zu Thomas: „Selig sind die, welche nicht sehen und doch glauben" (Joh. 20, 29).

Der sel. Klemens Hofbauer sprach: „Wenn ich die Geheimnisse unseres hl. Glaubens mit offenen Augen sehen könnte, so würde ich die Augen geschlossen halten, um nicht die Verdienste des Glaubens zu verlieren." Der Glaube ist also ein Tribut und eine Huldigung, die wir Gott leisten. Sobald wir aber etwas mit unseren eigenen Augen sehen oder mit dem Verstände ergründen können, wäre der Glaube sowohl überflüssig als auch verdienstlos. Der christliche Glaube unterscheidet sich somit 1) vom Wahrnehmen mittelst der Sinne, also mittelst des Gesichtes, Gehöres usw., 2) vom Erkennen mittelst des Verstandes, z. B. 2 mal 2 = 4. Er ist sogar noch sicherer, als beides zusammen. Denn unsere Sinne und unsere Vernunft können uns täuschen, Gott aber nicht. Wie täuscht uns z. B. nur das Auge; es zeigt uns die ungeheure Sonne als eine kleine Scheibe, den Regenbogen als einen farbigen Gegenstand, den Stab im Wasser als gebrochen; die Eisenbahnschienen scheinen in der Entfernung zusammenzulaufen; Bäume und andere Gegenstände scheinen vorüberzufliegen an dem, der im Zuge fährt u. dergl. Wie das Auge, so betrügt uns auch mitunter der Verstand, der durch die Erbsünde getrübt ist. Sowie man mit dem Fernrohre besser sieht als mit bloßem Auge, im Sonnenschein besser als beim matten Lichte der Lampe, so erkennt man auch mittelst des Glaubens besser als mittelst der Vernunft. - „Glauben" darf nicht mit „Meinen" (= Mutmaßen) verwechselt werden. „Meinen" heißt: etwas nicht sicher wissen; „glauben" aber heißt: etwas sicher wissen, weil es Gott gesagt hat.

3. Wir handeln nicht unvernünftig, wenn wir christlich glauben, weil wir uns nämlich auf die Wahrhaftigkeit Gottes verlassen; ferner weil wir sicher wissen, daß die Lehren unserer Religion von Gott geoffenbart sind.

Manche sagen, es sei überhaupt unvernünftig, das zu glauben, was man nicht sieht. Nun nach diesem Grundsatz wäre jeder Unterricht unmöglich; denn man dürfte dann auch nicht dem Lehrer glauben, wenn er in Geografie, Geschichte oder Naturgeschichte Unterricht erteilt. Dann wäre auch eine Rechtsprechung unmöglich, denn der Richter dürfte den Zeugen vor Gericht nicht Glauben schenken. Ja dann würde auch das Familienband gelockert; denn die Kinder würden (wie der hl. Aug. sagt) ihren Eltern nicht glauben, daß sie die Eltern sind. Dann müßte man auch alle Leute für Toren halten, die glauben, daß es ein London, Paris, Rom und andere Städte gibt, die sie noch nie gesehen haben. Obiger Grundsatz ist also falsch. Nur soviel ist wahr, daß jener Mensch unvernünftig wäre, der jemandem sofort Glauben schenkte, ohne sich überzeugt zu haben, ob der Betreffende auch glaubwürdig ist. Wer aber (wie Thomas) glaubwürdige Zeugen vor sich hat und trotzdem nicht glaubt, der handelt töricht. - Manche sagen, es sei unvernünftig, etwas zu glauben, was man mit der Vernunft nicht begreifen kann. Nun, wollte man alles, was man nicht begreifen kann, als unvernünftig verwerfen, so müßte man auch sehr viele wissenschaftliche Entdeckungen für vernunftwidrig halten. Man müßte es für lächerlich finden, wenn die Wissenschaft z. B. mit dem Mikroskope nachweist, daß sich in einem Wassertropfen viele Tausende Wesen befinden. Man müßte es für lächerlich finden, wenn jemand sagt: Am Ende eines Drahtes spricht jemand, und ein zweiter, der Hunderte Meilen entfernt am zweiten Ende des Drahtes steht, hört genau dessen Worte. Gemeint ist das Telefon. Ähnliches ließe sich von den meisten Entdeckungen der Neuzeit sagen, so von der Telegrafie ohne Draht, von der Fotografie durch feste Körper mittelst der Röntgenstrahlen. Also daraus, daß eine Wahrheit unbegreiflich ist, folgt noch nicht, daß sie unvernünftig ist. „Wenn also auch manche Lehren Christi unsere Vernunft übersteigen, so sind sie deswegen nicht gegen die Vernunft" (Kz. Vatik.). Die Vernunft hat uns Gott gegeben, die Lehren Christi und der Kirche hat uns ebenfalls Gott mitgeteilt. Gott kann aber sich selbst nicht widersprechen. Wer die Lehren Christi und der Kirche nicht versteht oder wer nicht gehörig nachdenkt, findet allerdings einen Widerspruch (K. Vatik. 3, 4). Einst kam ein adeliger Herr zu Papst Gregor XVI. zur Audienz. Gefragt, wie ihm der Petersdom gefallen habe, sprach der Fremde: „Von außen hat mich das riesige Gebäude eher abgeschreckt, als erfreut; erst als ich eintrat und mich einige Zeit darin aufgehalten hatte, hat es mir sehr gut gefallen." Der Papst gab zur Antwort: „Mein Herr, geradeso ist es mit manchen Lehren der katholischen Religion. Wer nur beim äußeren Wortlaut stehen bleibt, dem mißfällt manche Lehre; sobald man aber in den Geist der Lehre eindringt, schwinden die Vorurteile, und die kath. Lehre beginnt zu gefallen" (Spirago, Beispiele). Mancher also, der z. B. die Worte hört: „Mutter Gottes", „Unfehlbarkeit des Papstes", „allein seligmachende Kirche" u. dgl., dürfte Zweifel und Vorurteile bekommen, die aber schwinden werden, wenn er den Sinn der Worte erfaßt. Bischof Komm von Trier spricht folgenden Gedanken aus: Oberflächlich betrachtet, erscheint die kathol. Religion und Kirche wie die bemalten Fenster einer Kathedrale, wenn man sie von außen betrachtet; es erscheint keine Harmonie und man sieht kein Bild. Erst wenn man eintritt und das Fenster von innen betrachtet, sieht man das schöne Bild. Ebenso sollen die Feinde der Kirche unserer Religion näher treten, dann wird ihnen die Herrlichkeit der Kirche ersichtlich werden." Bako sagt treffend: „Etwas Philosophie entfernt von der Religion, sehr viel Philosophie führt zu ihr zurück." Und der Dichter Beda Weber (t 1858): „Das halbe Denken führt zum Teufel, das ganze Denken führt zu Gott."
Es läßt sich nicht nachweisen, daß die Lehren der Religion mit den Ergebnissen der Wissenschaften in Widerspruch stünden.
Manche sagen, die Lehren der Religion seien der Wissenschaft zuwider. Allerdings einer seichten und oberflächlichen Wissenschaft, dem wissenschaftlichen Hochmute und Eigendünkel. Wie kommt es, daß gerade die tüchtigsten Gelehrten, die sich durch ihre Entdeckungen um die Menschheit verdient gemacht haben, fast durchweg kindlich fromm und gläubig waren? Man denke an Newton, Kepler, Kopernikus, Linee u. a. Der durch seine medizinischen Erfolge berühmte Pasteur zu Paris (t 1895) hat erklärt: „Durch mein Studium bin ich jetzt zum Glauben des Bauers der Bretagne gekommen." Viele Männer wären durch ihre Studien nicht so fromm geworden, wenn sie gefunden hätten, daß die Lehren der Religion und der Wissenschaft miteinander im Widerspruche stünden. Man bedenke auch, daß die Naturwissenschaft meistens nur Hypothesen aufstellt, die der Mode gleich nach einiger Zeit wieder verlassen und durch neue ersetzt werden. Wie kann da ein Widerspruch zwischen Religion und Wissenschaft stattfinden? Man nehme nur ein Beispiel. So bestanden betreffs der Sonne bisher folgende Ansichten: Im Altertum hielt man die Sonne für einen glühenden Eisenklumpen (Anaxagoras) oder Goldklumpen (Euripides); in neuerer Zeit für ein großes Feuer (Kant); hierauf erhielt sich über ein halbes Jahrhundert die Ansicht, der Sonnenkörper sei dunkel und wahrscheinlich bewohnt und von leuchtenden Gasmassen umgeben; die Sonnenflecken seien die Gipfel der Sonnenberge (W. Herschel); seit 1868 wird angenommen, auch das Innere der Sonne sei gasförmig und von ungemein hoher Temperatur; aus dem Innern brechen Gasmassen hervor, die weniger Leuchtkraft haben, und diese verursachen die Sonnenflecken (so der Franzose Fey und der Italiener Secchi); als man aber mittelst der Spektral-Analyse fand, daß die Sonnenflecken herabsinkende und kühlere Massen sind, stellte man wieder neue Theorien auf. So schaut's mit den vielen Ergebnissen der Naturwissenschaft aus! Solche Ergebnisse sollen mit der Religion in Widerspruch stehen? Lächerlich! Übrigens beachte man, daß Religion und Wissenschaft bis auf die Schöpfungsgeschichte und Sündflut fast gar keine Berührungspunkte haben.

4. Wir handeln ganz vernünftig, wenn wir den Worten Christi glauben, weil Christus der Sohn Gottes ist, der weder irren noch lügen kann; ferner weil Christus durch seine Auferstehung und durch viele andere Wunder die Wahrheit seiner Worte bestätigt hat.

Ein Kurzsichtiger glaubt einem Menschen mit schärferen Augen, daß sich ein Luftballon in der Höhe befindet, obwohl er diesen nicht sieht. Ein Blinder glaubt den Menschen mit gesunden Augen, daß auf der ihm vorgelegten Karte Städte, Flüsse, Berge abgebildet sind, obwohl er sie nicht sieht und durch Betasten nicht fühlt. Wir selbst glauben, daß es ein Rom, Paris, London gibt, wiewohl wir nie dort waren, und vielleicht im Leben nie hinkommen werden. Alle diese Leute handeln vernünftig, weil glaubwürdige Zeugen diese Wahrheiten bestätigen. Noch viel vernünftiger handelt aber derjenige, welcher Gott glaubt. Denn Menschen können sich irren oder können lügen, Gott nicht. Und da Christus der Sohn Gottes ist, so kann er weder irren noch lügen. Der hl. Augustin sagt: „Es wäre eine Gotteslästerung, wenn man glauben wollte, unser Herr, der die Wahrheit selbst ist, habe in einem einzigen Stücke gelogen." Wenn wir daher den Worten Christi glauben, so haben wir noch größere Sicherheit, als wenn wir die betreffende Sache mit unseren Sinnen wahrnehmen würden. Der sei. Klemens Hofbauer sah ein Bild an der Wand und sprach: „Mehr glaube ich, daß ein Gott in drei Personen ist, als daß dieses Bild an der Wand hängt. Meine Sinne können mich täuschen, Gott aber nicht." - Christus beruft sich selbst zur Bestätigung der Wahrheit seiner Worte auf seine Wunder, denn er sagt: „Wenn ihr mir (d. h. meinen Worten) nicht glauben wollet, so glaubet den Werken" (Joh. 10, 38). Das größte Wunder Christi ist die Auferstehung von den Toten; dadurch hat Christus den Hauptbeweis von der Wahrheit seiner Lehre geliefert. Daher sagt der hl. Paulus, unser Glaube wäre vergeblich, wenn Christus nicht auferstanden wäre (1. Kor. 15, 17). Und deshalb hatten die Apostel stets bei ihren Predigten auf die Auferstehung Christi hingewiesen, so am Pfingstfeste (Ap. 2, 24). Sie gaben mit großer Kraft Zeugnis von der Auferstehung Christi (Ap. 4, 33). „Zeuge der Auferstehung" und „Apostel" galten den hl. Aposteln als gleichbedeutende Ausdrücke; man denke an die Rede des hl. Petrus vor der Wahl des Mathias (1. Ap. 1, 22). Der protestantische Geschichtsschreiber und Universitätsprofessor August Frd. Gfrörer, der allen Glauben verloren hatte, fing unter anderem auch an, Studien anzustellen über die Entstehung des Christentums. Da kam er darauf, daß keine geschichtliche Tatsache des Altertums durch Zeugnisse so unzweifelhaft beglaubigt ist, wie die Auferstehung Christi. Die Folge davon war, daß er gläubiger Christ und später Katholik wurde (t 1861). Die Gutgesinnten werden also immer Grund finden, um zu glauben, die Bösgesinnten hinwieder Grund, um nicht zu glauben (Kath. Emmerich).

5. Wir handeln vernünftig, wenn wir der Lehre der Kirche glauben, weil die Kirche vom Hl. Geiste geleitet und vor Irrtum bewahrt wird, und weil Gott bis auf den heutigen Tag noch immer durch Wunder bestätigt, daß die Katholische Kirche die Wahrheit lehrt.

Christus sprach vor seiner Himmelfahrt zu den Aposteln: „Ich bin bei euch alle Tage bis ans Ende der Welt" (Matth. 28, 20). Und beim letzten Abendmahle: „Ich will den Vater bitten, und er wird euch einen anderen Tröster geben, damit er in Ewigkeit bei euch bleibe, den Geist der Wahrheit" (Joh. 14, 16). Der Hl. Geist ist also sowie am Pfingstfeste noch jetzt im Hause der Apostel, d. i. in der Kirche. - Wunder läßt Gott in der katholischen Kirche noch bis heute geschehen. Man denke an die unzähligen Wunder am Wallfahrtsorte zu Lourdes in Frankreich; einige der neuesten Wunder erzählt genau Dr. Boissarie, Direktor der ärztlichen Klinik in Lourdes, in dem Buche: „Boissarie, die großen Heilungen von Lourdes." (Ins Deutsche übersetzt von Baustert, im Verlage von R. v. Acken in Lingen a. Ems, Mk. 5,40) Man denke auch an alle die Wunder, die jeder Seligsprechung vorausgehen müssen. Man denke ferner an die unversehrten Leiber der Heiligen, z. B. der hl. Theresia (t 1582) im Karmeliterinnenkloster zu Alba in Spanien, der hl. Elisabeth von Portugal (f 1336) im Klarissenkloster zu Coimbra in Portugal, des hl. Franz Xaver (f 1552) zu Goa in Vorder-Indien, der hl. Katharina von Bologna (t 1463) zu Segobia, der hl. Maria Magdalena von Pazzis (t 1607) zu Florenz, der hl. Klara von Monte-Falkone (t 1308) im Nonnenkloster zu Monte-Falkone in Italien; der Bernardette Soubirous, die Seherin von Lourdes (t 1879) im Kloster der Barmherzigen Schwestern zu Nevers, der sei. Elekta (t 1663) zu Prag in der Kirche der Karmeliterinnen (gegenüber der erzbischöflichen Residenz), an die über 500 Jahre hindurch unversehrte Zunge des hl. Johann von Nepomuk im Veitsdome zu Prag (diese wird daselbst alljährlich am 16. Mai durch 8 Tage hindurch in einer mit 1200 Diamanten besetzten Monstranz zur Verehrung ausgesetzt) und die unversehrte Zunge des hl. Anton von Padua zu Padua in Nord-Italien; ferner an den unversehrten rechten Arm des hl. Königs Stefan von Ungarn (t 1038) in der Schloßkapelle zum hl. Sigismund in Ofen (wird alljährlich am Feste, den 20. August, in Prozession herumgetragen); an die unversehrte Hand der hl. Emma (t 1040), die nach dem Tode ihres Gemahles, des Grafen Luidger, 40 Jahre der Witwe lebte und ihr ganzes Vermögen an die Armen und an die Kirche verschenkte und in Bremen begraben wurde (die Hand ist im St. Luidger-Kloster in Werden an der Ruhr in Westfalen); an das unversehrte Herz des hl. Vinzenz von Paul, des Stifters des Lazaristen-Ordens (t 1660), das in der Kirche zum hl. Johann dem Täufer in Lyon aufbewahrt wird usw. Diese Leiber sind aber keineswegs einbalsamiert worden; die meisten ruhten jahrelang in der Erde und bis zur Stunde verbreiten sie nicht den mindesten üblen Geruch, sondern manche sogar zeitweise einen Wohlgeruch; auch sind diese Körper nicht etwa steif, sondern biegsam. - Weltbekannt ist auch das Wunder im Dom zu San Gennaro in Neapel, wo das Blut des unter Diokletian im Jahre 305 enthaupteten hl. Bischofs Januarius v. Benevent in 2 Fläschchen aufbewahrt wird. Sobald man diese Fläschchen mit dem eingetrockneten Blute in die Nähe des im silbernen Kästchen aufbewahrten Hauptes des Heiligen bringt, fängt das gestockte Blut an, rot aufzuschäumen. Vom Haupte entfernt, kehrt es wieder in den festen, trockenen Zustand zurück. Dreimal im Jahre kann man das dort sehen und zwar schon seit Jahrhunderten. Dieses Wunder war der Grund vieler Bekehrungen Andersgläubiger, auch lutherischer Superintendenten (Spirago, Beispiele).

6. Der christliche Glaube erstreckt sich auf alle Lehren der Katholischen Kirche.
Wer nur eine einzige Lehre der Kath. Kirche nicht glaubt, dessen Glaube ist wertlos. Denn wer den einen Worten Christi Glauben schenkt, den anderen Worten aber nicht, der glaubt eigentlich nicht, daß Jesus Christus Gottes Sohn ist und daß er die Katholische Kirche leitet.

Der Glaube eines solchen Menschen ist ebenso wertlos, wie ein Haus, dessen Grundmauer wankt. Die Glocke verliert den Klang, wenn in ihr nur ein kleiner Sprung ist. Der Leib ist gleich krank, wenn nur ein Glied leidet. Ein einziger Mißton zerstört die Harmonie. Ähnlich verhält es sich mit dem Glauben; wird nur eine Glaubenswahrheit zurückgewiesen, so ist der ganze Glaube wertlos. Sowie der hl. Jakobus sagt: „Wer das ganze Gesetz hält, jedoch nur ein Gebot übertritt, verschuldet sich an allen" (Jak. 2, 12), so kann man auch hier sagen: Wer nur eine Glaubenswahrheit verwirft, versündigt sich gegen alle. - Aus diesem Grunde kann man nicht sagen, daß die Ketzer den christlichen Glauben besäßen. Sowenig Kunstwein wirklicher Wein ist, ebensowenig ist der Glaube der Ketzer der christliche. Weil sich aber die Ketzer den christlichen Glauben ebenfalls zuschreiben, so nennen wir den wahren christlichen Glauben, der nur in der Katholischen Kirche zu finden ist, auch den christ-katholischen Glauben.
Obgleich man alle Lehren der Katholischen Kirche glauben muß, so braucht man trotzdem nicht alle zu wissen, um selig zu werden.
Wissen muß ein katholischer Christ mindestens soviel, daß ein Gott ist, und daß Gott jeden Menschen gerecht richten wird; ferner daß ein Gott in drei Personen ist, und daß die zweite göttliche Person Mensch geworden ist und uns erlöst hat. Der hl. Paulus sagt: „Wer zu Gott kommen will, muß glauben, daß er sei, und daß er die, welche ihn suchen, belohne" (Hebr. 11,6). Die Kenntnis der Lehre von der hl. Dreifaltigkeit war zwar vor der Ankunft Christi nicht notwendig, wohl aber eine wenn auch minder klare Kenntnis des kommenden Erlösers (Lehmkuhl). Doch anders verhält es sich jetzt und zwar mit uns Christen. Wer jetzt die beiden genannten Wahrheiten nicht wüßte, dürfte weder zur Taufe zugelassen werden, noch könnte er im Beichtstuhl von seinen Sünden losgesprochen werden. Nur bei Sterbenden, die nicht mehr gut unterrichtet werden können, würde eine Ausnahme stattfinden. Wer aber Gelegenheit hat, sich im christlichen Glauben unterrichten zu lassen, muß außerdem noch wissen: den Wortlaut und den Sinn des apostolischen Glaubensbekenntnisses, die Gebote Gottes und der Kirche, das Wichtigste von den Gnadenmitteln und das Gebet des Herrn.
Er muß also den Katechismus in seinen Grundzügen verstehen; so verlangt es die Kirche.

7. Der christliche Glaube ist ein Geschenk Gottes, weil die Fähigkeit zum Glauben nur durch Gottes Gnade erlangt wird.

Es glaube niemand, daß er durch bloßes Studium zum Glauben gelangen könne. Der Glaube ist eine Gabe Gottes (Eph. 2, 8). Daher flehten die Apostel zu Christus: „Herr, vermehre uns den Glauben" (Luk. 17, 5). Gott gibt uns den Glauben schon bei der Taufe; daher heißt die Taufe das „Sakrament des Glaubens" (Kz. Tr. 6, 7). Gott gibt uns nämlich bei der Taufe gleichzeitig mit der heiligmachenden Gnade die Fähigkeit zum Glauben oder die Tugend des Glaubens. Solange jedoch der Neugetaufte noch nicht zum Vernunftgebrauche gekommen ist, kann er von dieser Fähigkeit keinen Gebrauch machen und seinen Glauben noch nicht betätigen. Dieses geschieht erst nach erlangtem Vernunftgebrauche unter Einwirkung der Gnade und des christlichen Unterrichtes. Das verhält sich geradeso wie mit dem Gesichtssinne, den das neugeborene Kind auf die Welt mitgebracht hat. Solange das Kind schlummert, kann es von dem Gesichtssinne keinen Gebrauch machen. Erst nachdem es erwacht ist, wird es unter dem Einflüsse des Lichtes jene Gegenstände bemerken, die sich seinem Geiste anbieten. - Der Sünder hinwieder erlangt die Fähigkeit zum Glauben durch die Buße. Weil aber Gott seine Gnaden den Erwachsenen nicht ohne deren Mitwirkung verleiht (Kz. Tr. 6, 7), so ist von Seite des Sünders eine gewisse Vorbereitung notwendig.
Insbesondere verleiht Gott den christlichen Glauben folgenden Menschen: 1) Denen, die ernstlich nach Wahrheit streben; 2) die ein gottesfürchtiges Leben führen; 3) die Gott um den wahren Glauben bitten.
Wer ernstlich nach Wahrheit strebt, gelangt sicher zum Glauben. Denn Christus sagt: „Selig sind, die Hunger und Durst haben nach der Gerechtigkeit; denn sie werden gesättigt werden" (Matth. 5, 7). Ferner sagt Gott: „Wenn ihr mich vom ganzen Herzen suchet, so will ich mich von euch finden lassen" (Jer. 29, 14). Die Wahrheit dieser Worte erfuhr der nach Wahrheit strebende hl. Philosoph Justinus (t 166), den ein Greis am Tiber auf die erhabenen Lehren der christlichen Religion aufmerksam machte und bekehrte. - Auch der gelangt zum Glauben, der ein gottesfürchtiges Leben führt. Durch gute Werke erlangt man nämlich die Gnade Gottes und somit die Erleuchtung des Verstandes. Daher sagt Christus, daß, wer den Willen Gottes erfüllt, erkennen werde, daß seine Lehre von Gott ist (Joh. 7, 17). Die Wahrheit zeigt sich unreinen Seelen nicht, einem wahrhaft reinen Herzen kann sie sich nicht verbergen (hl. Bernard). Wenn auch jemand, der in Wäldern und unter wilden Tieren aufgewachsen wäre, nur seiner Vernunft folgen und das Gute tun und das Böse meiden würde, so kann man sicher annehmen, daß ihm Gott das zu glauben Notwendige mitteilen werde, entweder durch innere Erleuchtung oder durch Zusendung eines Glaubensboten (hl. Th. Aq.). So sandte Gott dem Kornelius, einem heidnischen Hauptmanne zu Cäsarea, einen Glaubensboten, den hl. Petrus (Apost. 10). - Endlich wird auch der zum Glauben gelangen, der Gott um den wahren Glauben bittet. Christus spricht: „Wer bittet, empfängt; wer suchet, der findet; wer klopft, dem wird aufgetan werden" (Math. 7, 8). Der Protestant Graf Friedrich Stolberg (t 1819) erkannte nach 7-jährigem Gebete die Wahrheit des katholischen Glaubens und wurde ein berühmter katholischer Schriftsteller. - In seiner Barmherzigkeit verleiht Gott den christlichen Glauben oft selbst Feinden der wahren Religion. Man denke z. B. an die Bekehrung des hl. Paulus.

„Doch verleiht Gott diese außerordentliche Gnade nur denen, die bei ihrem Irrtume eine gute Absicht hatten" (hl. Alph.). Glaubensfeinde verdanken ihre Bekehrung gewöhnlich dem fürbittenden Gebete von Verwandten oder Freunden. Wenn der liebe Gott einem Menschen den christlichen Glauben verleiht, so bedient er sich entweder eines gewöhnlichen Mittels, wie der Predigt, oder manchmal eines außerordentlichen Mittels, eines Wunders.
Gewöhnliche Mittel sind außer der Predigt noch das Lesen religiöser Bücher und die Belehrung durch den Mitmenschen. Der hl. Augustin kam nach und nach zum Glauben durch Anhörung der Predigten des hl. Ambrosius, Bischofs zu Mailand. Der hl. Ignaz von Loyola kam zum Glauben durch das Lesen der Lebensgeschichte Christi und der Heiligen (Spirago, Beispiel-Sammlung). Der hl. Philosoph Justin der Märtyrer durch Belehrung, die er von einem Greise am Tiber erhielt. - Außergewöhnlicher Mittel bediente sich der liebe Gott namentlich zu Beginn des Christentums, oft auch noch heutzutage. Die Hirten auf den Fluren Bethlehems ließ Gott durch einen Engel über den Erlöser belehren; die Hl. 3 Könige wurden wieder durch Erscheinung eines außergewöhnlichen Sternes zum Glauben an Christus geführt; der hl. Paulus durch eine wunderbare Stimme und ein Licht vom Himmel (Ap. 9); der Kerkermeister zu Philippi durch Erschütterung und Öffnung des Gefängnisses (Ap. 16, 16); Kaiser Konstantin der Große durch die Erscheinung des leuchtenden Kreuzes am Himmel (im J. 312); der römische Feldherr hl. Eustachius (t 120) und der hl. Hubert (t 727) durch einen Hirsch, in dessen Geweih ein leuchtendes Kreuz zu sehen war (Spirago, Beispiele); der berühmte Missionar Alphons Ratisbonne, gewesener Jude und Handelsreisender aus dem Elsaß, durch eine Erscheinung der Mutter Gottes in der Kirche St. Andrea zu Rom im Jahre 1842 (Spirago, Beispiele); der erblindete Pariser Advokat Lasserre, späterer Geschichtsschreiber der Wunder von Lourdes, durch Heilung seiner Augen mittels Lourdeswasser im J. 1862. Wunderbar war auch die Bekehrung des heidnischen Jünglings Theopilus bei der Hinrichtung der hl. Dorothea. Er hatte diese höhnisch ersucht, ihm aus dem Garten ihres himmlischen Bräutigams Blumen und Früchte zu schicken. Und wirklich fielen nach der Hinrichtung dieser Heiligen Blumen vor ihm nieder. Er bekehrte sich sofort, und wurde gemartert im Jahre 308. Manche Menschen gelangen aber nie zum christlichen Glauben, weil ihnen der gute Wille fehlt oder weil sie hoffärtig sind.
Manche Menschen können nicht zum Glauben gelangen, weil ihnen der gute Wille fehlt (hl. Aug.). Wie der liebe Gott allen Leuten das Licht der Sonne gibt, so will er auch allen das Licht des Glaubens geben (hl. Aug.). Christus, das Licht der Welt, erleuchtet einen jeden Menschen, der in diese Welt kommt, durch den Hl. Geist (Joh. 1, 9). Allein die Menschen weisen das in sie eindringende Glaubenslicht zurück; sie wollen nicht glauben, weil sie sonst ihr schlechtes Leben ändern müßten. Sie lieben die Finsternis mehr, als das Licht (Joh. 3, 19); sie sündigen also gegen den Hl. Geist. „Wer die Augen schließt oder die Fensterläden zuläßt, sieht freilich nichts. Weder das Tageslicht noch die Augen sind schuld daran, sondern vielmehr der Mensch selbst, da er es so haben will" (hl. Euthymius); man denke an die Pharisäer zur Zeit Christi. - Auch hoffärtige Leute kommen nicht zum Glauben aus folgenden Gründen: Dem lieben Gott ist es eigen, sich schlichter Mittel zu bedienen, wenn er jemanden zum Glauben führen will; daran nehmen nun hoffärtige Leute Anstoß und gelangen daher nicht zum Glauben. So kam Christus nicht nur in Niedrigkeit und Armut, sondern noch dazu absichtlich aus der kleinen Stadt Nazareth; da sagten die Juden: „Was kann aus Nazareth Gutes kommen?" (Joh. 1, 46) und verachteten Jesu Worte. Zu dem ansehnlichen Volke der Römer schickte Gott deren Untertanen, Juden, die noch dazu ungebildete Männer waren, als Glaubensprediger. Zum Könige Herodes und zum Hohen Rate in Jerusalem schickte Gott absichtlich Heiden, nämlich die Hl. 3 Könige, als Verkündiger der Geburt Christi. Ähnlich macht es Gott noch bis heute. Er läßt insbesondere jene Kirche, die die Wahrheit verkündet, im Zustande der Niedrigkeit und Verfolgung. Der Schatz des göttlichen Wortes ruht also mit Recht im schlichten Acker (Matth. 13, 44). Daher kein Wunder, daß hoffärtige Leute zuschanden werden. Den Weisen und Klugen verbirgt Gott seine Geheimnisse (Matth. 11, 25). Gott widersteht den Hoffärtigen (1. Pet., 5, 5).

8. Der christliche Glaube ist durchaus notwendig, um die Seligkeit zu erlangen
und verdienstliche Werke zu verrichten.

Ohne Glauben keine Seligkeit. Schon Moses durfte nicht ins gelobte Land eingehen, weil er einmal nicht glaubte. Christus sagt: „Wer nicht glaubt, der wird verdammt werden" (Mark. 16, 16). Wer hier nicht wandelt im Glauben, wird jenseits nicht gelangen zum Schauen (hl. Aug.). Ohne Glauben ist es unmöglich, Gott zu gefallen (Heb. 11, 6). So wie Petrus untersank, als er zu zweifeln begann (Matth. 14, 30), ebenso geht der dem ewigen Verderben entgegen, der den Glauben verliert. Der Glaube gleicht dem Schiffe; sowie man ohne Schiff nicht über das Meer kann, so kann man ohne Glauben nicht in den Hafen der Seligkeit gelangen. Er gleicht der Rauchsäule, die die Israeliten durch die Wüste ins gelobte Land führte (hl. Just.), oder dem Sterne, der den Hl. 3 Königen den Weg zu Christus zeigte. - Auch gibt es ohne Glauben keine verdienstlichen Werke. Wie der Baum ohne Wurzel keine Früchte tragen kann, so kann der Mensch ohne Glauben keine guten Werke verrichten. Töricht aber ist, wer da meint, es komme nicht darauf an, was man glaube; es genüge, wenn man nur rechtschaffen lebe. Kann ein Baum ohne Wurzel Früchte bringen? Nein. Ebenso kann auch ein Mensch ohne Glauben kein rechtschaffenes Leben führen. Doch sind gute Handlungen deswegen, weil sie nicht aus dem übernatürlichen Glauben hervorgehen, keineswegs Sünde (Alex VIII). Was von den guten Werken, das gilt auch von den Tugenden. Ein Gebäude ohne Grundmauern läßt sich nicht aufrichten, ebensowenig das Gebäude der Tugend und Vollkommenheit ohne Glauben (hl. Bonav.). - Der Glaube führt zur Seligkeit, weil er zu guten Werken antreibt. So, wie die Wurzel nicht allein bleibt, sondern Pflanzen aus sich hervortreibt, ebenso bringt der Glaube gute Werke hervor. Wie der Schlüssel des Speiseschrankes zu allen Speisen führt, so führt der Glaube zur Hoffnung, zur Liebe und zu allen guten Werken (Alb. Stolz). Der Glaube an die ewige Belohnung gibt nämlich dem Menschen Kraft zur Ausübung des Guten. Die Überzeugung von der einstigen Auferstehung kräftigte die makkabäischen Brüder und alle hl. Märtyrer. Die Überzeugung von der einstigen Belohnung machte den Tobias und andere Heilige so freigebig. Der Glaube hält auch zur Zeit der Versuchung von der Sünde zurück; man denke an den ägyptischen Josef. Wie der Leuchtturm den Schiffer aufmerksam macht auf die Klippen und ihn deshalb vor dem Untergange schützt, so macht uns der Glaube auf das ewige Unglück aufmerksam, in das wir uns durch die Sünde stürzen. Der hl. Paulus erklärt, daß man mit dem Schilde des Glaubens alle feurigen Pfeile des Bösewichtes auslöschen könne (Eph. 6, 16). So wie ein Schild die Soldaten gegen die Feinde, so schützt uns der Glaube gegen die Angriffe des Teufels (hl. Bonav.). Der Glaube schützt auch in der Not vor Verzweiflung. Er ist ein heimlich in der Sparkasse verborgenes Kapital, von dem man sich zu den Zeiten der Not die Zinsen holt (Goethe). Nach der Größe des Glaubens richten sich auch die Gnaden, die uns Gott spendet. Das beweisen schon die Krankenheilungen Christi. Wo der Glaube größer war, heilte Christus schneller und wunderbarer; deshalb fragte er oft vor der Krankenheilung erst nach dem Glauben. Beachte auch Christi Worte: „Dein Glaube hat dir geholfen" (Matth. 9, 22). Das Konzil von Trient sagt: „Der Glaube ist der Anfang des menschlichen Heiles, die Grundlage und Wurzel der ganzen Rechtfertigung" (Kz. Tr. 6, 8).

9. Der Glaube allein genügt aber nicht zur Seligkeit; denn man muß auch nach dem Glauben leben und ihn äußerlich bekennen.

Unser Glaube muß lebendig sein, d. h. er muß gute Werke hervorbringen. Christus sagt: „Nicht ein jeder, der zu mir sagt: Herr, Herr! wird in das Himmelreich eingehen, sondern wer den Willen meines Vaters tut, der im Himmel ist." Wer keine Werke der Barmherzigkeit verrichtet hat, wird beim Weltgerichte von Christus verdammt werden (Matth. 25, 41). Sein Glaube gleicht dem der bösen Geister; denn auch diese glauben, handeln aber schlecht (Jak. 2, 19). Der Glaube, aus dem keine guten Werke hervorgehen, ist eigentlich kein wahrer Glaube. „Nur da ist der Glaube ein wahrer, wo man dem, was man mit Worten bekennt, in Werken nicht widerspricht" (hl. Gr. G.). Gleichwie der Leib ohne Geist tot ist, also ist auch der Glaube ohne Werke tot (Jak. 2, 26). Der Glaube ohne Werke gleicht einem Baum ohne Früchte (hl. Chrys.), einem Brunnen ohne Wasser, einer Lampe ohne Öl, einer Nuß ohne Kern. Wer zwar glaubt, aber keine guten Werke hat, gleicht den törichten Jungfrauen, die Lampen ohne Öl hatten (hl. Gr. G.). - Gute Werke, die für den Himmel verdienstlich sind, kann nur jener Mensch verrichten, der Gottesliebe und daher die heiligmachende Gnade besitzt (siehe die Lehre von der heiligmachenden Gnade und die von den guten Werken). Daraus ergibt sich: Nur der Glaube führt zur Seligkeit, der mit der Gottesliebe verbunden ist. Deshalb sagte der hl. Paulus: „Wenn ich alle Glaubenskraft hätte, so daß ich Berge versetzen könnte, hätte aber die Liebe nicht, so wäre ich nichts" (1. Kor. 13, 2). Wer also glaubt, aber keine Gottesliebe hat, wird verdammt werden. -Auch ist es notwendig, daß wir unsern Glauben äußerlich bekennen. „Denn mit dem Herzen glaubt man zur Gerechtigkeit, und mit dem Munde geschieht das Bekenntnis zur Seligkeit" (Rom. 10, 10). Die Fertigkeit einer Sprache verliert man allmählich, wenn man die Übung unterläßt; so verliert man auch die Lebendigkeit des Glaubens, wenn man diesen durch keine Äußerungen an den Tag legt (Deharbe). Der Glaube, der nicht geübt wird, geht bald verloren (hl. Ambr.). Der Mensch besteht aus Seele und Leib, soll also nicht nur innerlich, sondern auch äußerlich Gott ehren. Auch wird er schon von Natur aus dazu gedrängt, das äußerlich kundzugeben, wovon er innerlich überzeugt ist. Zu denen, die ihren Glauben nicht bekannt haben, wird Gott am Tage des Gerichtes sprechen: „Wahrlich sage ich euch, ich kenne euch nicht" (Matth. 25, 12). Über das Bekenntnis des Glaubens wird später eingehender gehandelt werden.
(Quelle: "Dienst am Glauben", Heft 4 - 2011, S. 103ff., Innsbruck)

Bitte lesen Sie auch folgenden Text aus derselben Quelle:
Bekenntnis des Glaubens ist ganz notwendig für unser Leben hier und im Himmel!



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