Lernen, Gott zu lieben:
Manche glauben, dass ein Mensch unmittelbar nach seinem Tod
in das Himmelreich eingehen kann, wenn er nur vorher eine ehrliche Beichte
abgelegt hat. Sie irren sich. Das Fegefeuer ist nicht nur ein „Ort" der
Läuterung, sondern auch der Reifung für alle, die zu Lebzeiten
ihre inneren Lichter vernachlässigt oder gar nicht beachtet und dadurch
ihren Geist nicht ausreichend entwickelt haben. Im Fegefeuer entwickeln
sie sich weiter durch das Leiden, das sie schließlich dazu fähig
macht, den höchsten Punkt der Glückseligkeit zu erfassen, also
zu erleben. Dieses Glück wartet seit ewigen Zeiten nach dem Willen
Gottes auf sie. Da sie im Lauf ihres Lebens nicht reifen wollten, müssen
sie nun, oft jahrhundertelang, im Leiden verharren und so erst nach ihrem
Tode reifen.
Aus demselben Grund müssen selbst die Menschen, die in ihrem
Leben gut, opferbereit und edelmütig waren und stets nach ethischen
Grundsätzen handelten - wenn das Motiv ihres Handelns nicht in erster
Linie in der Liebe zu Gott zu finden ist - im Fegefeuer zunächst lernen,
Gott zu lieben. Dann erst wird es ihnen - trotz ihrer zahlreichen und sogar
verdienstvollen, jedoch aus anderen Beweggründen verrichteten Taten
- gegeben sein, Ihn zu sehen.
Die Seelen der Verstorbenen
In einigen Kreisen des Fegefeuers haben die Seelen manchmal nach
dem Willen Gottes die Möglichkeit, den Menschen im Traum oder am Tag
zu erscheinen. Nur auf diese Art können sie um Hilfe bitten. Die Mensehen
beachten jedoch ihre eigenen Träume meistens nicht, und vor diesen
Erscheinungen haben sie oft solche Angst, dass es nur selten jemandem in
den Sinn kommt, für diese Seele zu beten, eine hl. Messe lesen zu
lassen, ein Leid auf sich zu nehmen oder eine gute Tat zu vollbringen.
Die Menschen kommen nicht darauf, dass uns ein Zeichen aus dem Jenseits
nur mit dem Willen und der Erlaubnis Gottes gegeben werden kann und wir
es aus diesem Grund nicht missachten dürfen.
Vergebung befreit
Nichts belastet eine Seele im Fegefeuer mehr als Groll oder Hass
der auf der Erde Zurückgebliebenen. Im Gegensatz zu dem beiderseitigen
Nutzen, den das Gebet für den Verstorbenen bringt, ist ein solcher
Hass für beide Seiten schädlich. Wer in seinem Herzen Hass nährt,
auch wenn dieser durch einst erlittenes Unrecht begründet ist, wird
seinen Schöpfer nicht eher sehen, bis er die gleichen Qualen durchlitten
hat, die er seinem Missetäter durch diesen Groll beschert hat.
Aus: Fulla Horak, Besuche aus
einer anderen Welt
(Quelle: "Maria - das
Zeichen der Zeit", Nr. 199 - 2021, S. 8f., Hrsg. Rosenkranz-Aktion e.V.,
Jestetten) - Miriam-Verlag