|
Die Engel sind Gottes früheste Schöpfung, übermenschlich
gewaltige Geistwesen, nicht lediglich Bildworte mythologischer Art, Umschreibungen
für Naturkräfte oder nur Zeichen für das gnadenvolle Wirken
Gottes. Sie sind reine Geister, also unsichtbar, haben Verstand und freien
Willen. Sie sind Wirklichkeiten von einer ungeheuren Kraft. Unverwandt
ist ihr Blick auf Gott gerichtet, ihre unstillbare Sehnsucht ist es, den
Willen Gottes zu erfüllen. Um seinetwillen wenden sie sich uns Menschen
zu.
„Es ist gewiß", sagt Schwester Lucia in ihrem letzten Buch
„Die Aufrufe von Fatima", „daß Gott in seiner übergroßen
Güte und Barmherzigkeit jedem von uns einen Engel gegeben hat, der
uns begleitet, hilft und beschützt."
Er ist unser treuer Begleiter auf unserem Erdenweg, er gehört
ganz eng zu uns und will uns seine erleuchtende, schützende und heilende
Nähe erfahren lassen. Er steht für uns vor Gott und sucht uns
in der Gemeinschaft mit ihm zu halten.
Unsere menschliche Sprache ist nicht fähig, Wesen und Wirken
der Engel hinreichend zu beschreiben. Der hl. Augustinus sagt deshalb:
„Ihr würdet staunen, wenn ihr die Schönheit der Engel sähet."
Man könnte hinzufügen: Wir würden staunen, wie sie darauf
brennen, uns zu helfen und für uns zu sorgen."
Wenn wir die Engel einladen und bitten, lassen sie nicht ab, bis
zu unserem letzten Atemzug alles einzusetzen, damit wir so werden, wie
Gott uns haben will, und einmal zur ewigen Vollendung im Reich Gottes gelangen.
Schließen wir deshalb Freundschaft mit den Engeln und versprechen
wir ihnen treue Gefolgschaft — in unseren Tagen notwendiger und notwendender
denn je.
In dieser Situation, in der der Abfall von Gott immer verderblichere
Ausmaße annimmt, ein zunehmend aggressiver Atheismus sich breit macht,
spricht Gott durch Engel zu den Menschen, wie dies in Fatima geschehen
ist. Ein Jahr vor den Erscheinungen der Gottesmutter hatten die Seherkinder
von Fatima, Lucia und deren Verwandte Franz und Jacinta, auf einem in der
Nähe der Elternhäuser gelegenen Hügel, beim Brunnen der
Eltern Lucias und bei der Grotte Cabeco, drei Erscheinungen eines Engels.
Im Frühjahr 1916 sagte er zu ihnen: „Fürchtet euch nicht! Ich
bin der Engel des Friedens." Und er lehrte sie zu beten: „Mein
Gott, ich glaube an dich, ich bete dich an, ich hoffe auf dich und ich
liebe dich. Ich bitte um Verzeihung für alle, die nicht an dich glauben,
dich nicht anbeten, nicht auf dich hoffen und dich nicht lieben!"
- Dann sagte er zu ihnen: „So
sollt ihr beten! Die heiligsten Herzen Jesu und Mariens hören auf
eure Bitten."
Die zweite Engelserscheinung ereignete sich im Sommer 1916, wobei
er zu den Kindern sprach: „Betet, betet viel! Die
heiligsten Herzen Jesu und Mariens wollen euch Barmherzigkeit erweisen.
Bringt dem Herrn unaufhörlich Opfer dar als Sühne für die
vielen Sünden, durch die er beleidigt wird, und bittet für die
Bekehrung der Sünder ... Macht alles zu einem Opfer! Vor allem nehmt
die Leiden, die euch der Herr senden wird, mit Ergebung an und ertragt
sie geduldig!"
Bei der dritten Erscheinung stand der Engel vor ihnen, in der Hand
einen Kelch und über dem Kelch eine Hostie, aus der blutige Tropfen
in den Kelch fielen. Der Engel kniete nieder, neigte sein Haupt zur Erde
und sprach: „Heiligste
Dreifaltigkeit, Vater, Sohn und Heiliger Geist, ich bete dich in tiefster
Ehrfurcht an und opfere dir auf den kostbaren Leib, das Blut, die Seele
und die Gottheit unseres Herrn Jesus Christus, der in allen Tabernakeln
der Welt gegenwärtig ist, zur Genugtuung für die Schmähungen,
Lästerungen, Gleichgültigkeiten, durch die er selbst beleidigt
wird. Durch die unendliehen Verdienste seines heiligsten Herzens und die
Fürsprache des Unbefleckten Herzens Marias bitte ich um die Bekehrung
der armen Sünder."
Die Kinder haben diese Gebete oft gebetet und immer wieder Opfer
gebracht.
So wurden sie vorbereitet auf das große Ereignis der Erscheinungen
der Gottesmutter und auf ihre Botschaft.
Der Engel als Vorbote Marias stellt auch uns die Frage, ob wir bereit
sind, Gott immer bewußter und freudiger zu geben, was ihm gebührt:
Glaube, Hoffnung, Liebe und Anbetung. Wir
müssen uns auch prüfen, ob uns die Bekehrung der Sünder
ein echtes, brennendes Anliegen ist. Dabei macht uns der Engel bewusst,
dass unser eigenes Bemühen nicht ausreicht. Wir sollen uns deshalb
auf die Verdienste Christi stützen und um die Fürsprache Marias
bitten.
Maria ist die „Mutter der Kirche", sie will uns auf dem irdischen
Pilgerweg begleiten und zu unserem ewigen Ziel fuhren. Ihre Erscheinungen
sind ein Beweis dafür und Signale, die neue Lebenskräfte wecken
können und das Vertrauen auf die Hilfe Marias fördern. Dürfen
wir diese Kundgebungen der Gleichgültigkeit preisgeben? Sie ergehen
oft in Zeiten besonderer geschichtlicher Entscheidung.
Der Engel in Fatima zeigt uns, wie wir im Geist seiner Worte die
Zeichen der Zeit erkennen können und uns dementsprechend verhalten
sollen. Er will uns helfen, durch Gebet und Buße das Heil und den
Frieden zu finden. Auf diese Weise bereitet er auch die Kinder auf die
Botschaft Marias in Fatima vor.
Im Alten Testament spricht Gott: „Ich
werde einen Engel schicken, der dir vorausgeht ... Achte auf ihn und hör
auf seine Stimme!" (Ex 23,20 f.)
Auch uns ist in Fatima ein Engel geschickt. Er geht uns auf dem
Weg zu Maria voraus. Wenn wir auf ihn achten und auf seine Stimme hören,
eröffnet sich uns eine Wirklichkeit, die vom lebendigen Atem Gottes
durchweht ist und uns im Zeichen Marias Hoffnung schenkt.
(Quelle: "Bote von Fatima
Jgg. 74, Nr. 10 - Okt. 2016, S. 82f., IMR Regensburg)