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Exorzismen im Markusevangelium: 
Das Staunen über die Freiheit durch die Wunder Jesu

DIE EXORZISMEN IM MARKUSEVANGELIUM
Die moderne Exegese gibt zu, dass Jesus als Exorzist tätig war. Markus berichtet in verschiedenen Kapiteln über die Austreibung von Dämonen (vgl. Mk 1,32-34; 1,39; 3,7-12; 6,12-13). Zweimal beziehen sich Jesu Worte ausdrücklich darauf: einmal bei der Kontroverse über Beelzebul (vgl. Mk 3,22-27); das andere Mal bei der Aussendung der Apostel mit dem Auftrag, die Frohbotschaft zu verkünden. Kranke zu heilen und die unreinen Geister auszutreiben (vgl. Mk 6,7). Im Markusevangelium stehen vier Fälle von Exorzismus, zwei besonders genau: die Heilung des Besessenen in der Synagoge von Kafarnaum (vgl. Mk 1,23-28) und die Episode von Gerasa (vgl. Mk 5, 1-20). Die anderen zwei Episoden erzählen über die Heilung von Krankheiten, die dem Teufel zugeschrieben werden: die Heilung der Tochter einer heidnischen Frau (vgl. Mk 7, 24-30) und des epileptischen Jungen (vgl. Mk 9,14-29).

Im Verlauf dieses Jahres wollen wir einige Betrachtungen über die Wunder Jesu anstellen. Die Rubrik wird verschiedene Episoden aus dem Evangelium behandeln, um dem Leser zu helfen, den eigenen Weg der Evangelisierung mittels der Zeichen, die der Herr während seiner Mission gegeben hat, zu ergründen. Die Evangelien berichten von 25 Wundern, die der Herr in Bezug auf Kranke, die Natur oder in bestimmten Zusammenhängen gewirkt hat. Sie zu lesen heißt die Kenntnis von Christus und der Heilskraft der Liebe Gottes für die verwundete Menschheit zu vertiefen. Unsere Aufmerksamkeit wird sich besonders auf diejenigen lenken, die derHoffnung bedürfen und in Gott und in der Liebe der Mitmenschen die "Linderung der Leiden"suchen.

DER BESESSENE VON GERASA
DAS STAUNEN ÜBER DIE FREIHEIT EINE TEUFLISCHE SKLAVEREI
Die Erzählung über das Wunder von der Befreiung eines Mannes, der von einer „Legion" Dämonen besessen war, hat immer großes Staunen und tiefen Eindruck unter den Lesern hervorgerufen. Die Evangelien (vgl. Mt 8,28-34; Mk 5,1-20; Ik 8,26-39) überliefern übereinstimmend diese Episode, die Jesus als „Befreier" zeigt, während er sich im Gebiet der Heiden von Gerasa aufhält, am anderen Ufer des See, jenseits der Grenzen Israels. Sie zielt darauf ab, die Macht Christi gegenüber Satan zu preisen. Christus öffnet mit seiner Ankunft den Weg der Befreiung von Sklaverei und Tod. Die Szene ereignet sich unmittelbar nach der Stillung des Sturms mitten auf dem See (vgl. Mk 4,35-41), als Jesus mit seinen Jüngern auf die andere Seite fährt. Als er auf heidnischem, unreinem Gebiet aus dem Boot steigt, läuft ihm ein Mann entgegen, der unter einer schrecklichen, qualvollen Sklaverei leidet er ist von einem unreinen Geist besessen. Der Evangelist hält sich lange bei der dramatischen Vorstellung des Besessenen auf (vgl. Mk 5, I -5), indem er zunächst seine verzweifelte Lage beschreibt, sein Wohnen in den Grabhöhlen, seine Aggressivität, die ihm keine sozialen Bindungen erlaubte, und seine selbstzerstörerische Krankheit. Mit diesem realistischen Bild wird ein „inneres Übel" zum Ausdruck gebracht, das die Identität und die kreative Freiheit des Menschen vernichtet und ihn schließlich zu extremer Vereinsamung und zum Tod führt.

ICH BESCHWÖRE DICH: QUÄLE MICH NICHT!
Die Erzählung von Markus hat die Aufgabe zu zeigen, dass der Herr such diejenigen befreit, die im Reich der Heiden leben. Jesus fürchtet sich nicht, dem Besessenen zu begegnen, weil er der Befreier von allen ist. Nach der Beschreibung der „sozialen" Situation : des anonymen Besessenen enthüllt der Evangelist dessen inneren Zustand mittels einer dramatischen Konfrontation mit der „possessiven" Kraft Satans. „Was habe ich mit dir zu tun, Jesus, Sohn des höchsten Gottes? Ich beschwöre dich bei Gott, quäle mich nicht!"? (s.7). Die äußere Einsamkeit ist bedingt durch ein geheimnisvolles inneres Leiden. Der böse Geist handelt extrem schnell, erkennt sofort die Herrschaft Jesu und verwirft sie. Auf die körperliche Gewalt, die den Mann in die Sklaverei führte, folgt die mündliche Vergewaltigung und der Versuch, die Gegenwart Jesu abzulehnen. Er aber gebietet „Verlass diesen Mann, du unreiner Geist!" (s. 8). Es handelt sich um den Kampf zwischen Gut und Böse. Letzteres zeigt sich in all seinen listigen und abwegigsten Formen, um die Menschenwürde zu unterwerfen und zu zerstören. Satan wählt den Weg des Anspruchs auf eine „falsche Freiheit": das Recht, im Körper des armen Besessenen zu wohnen aufgrund seiner Unabhängigkeit. Jesus aber kennt das Herz des Mannes, und der Wille zum Leben und zur Wahrheit siegt über den Tod und die Lüge, denn hinter dem Anspruch auf eine falsche Autonomie steht der Wille, den Menschen zu beherrschen, zu unterwerfen und zu benutzen.Weil seine List durchschaut ist fühlt sich der Quälgeist nun selbst gequält und kann nicht anders als Jesus zum „Sohn des höchsten Gottes" zu erklären.

MEIN NAME IST LEGION
Der Dialog zwischen Christus und Satan dient dazu, den „Namen" der unheilvollen Kraft zu enthüllen und sie zu beschreiben: sie ist eine „Legion" (s. 9). Der klare Bezug auf die römischen Soldaten hat den Zweck das Symbol der militärischen und gewaltsamen fremden Dominanz, die das Land beherrschte, aufzuzeigen. Die teuflische Präsenz äußert sich in vielfacher Weise („wir sind viele"), zerstörerisch, gefräßig, gefährlich wie eine römische Legion (sie bestand aus sechstausend Soldaten). Die folgende Szene ist beeindruckend. Jesus befreit den Besessenen und erlaubt den bösen Geistern, in die Körper von zweitausend Schweinen zu fahren, die in der Gegend weideten und sich daraufhin alle in den See stürzen und ertrinken (s. 13). Der Evangelist will damit zeigen, dass die unreine Strömung, die in dem Besessenen war, das menschliche Leben unmöglich macht und sich in die unreinen Tiere entlädt (vgl. Lev 11,7; Dtn 14,8), die schließlich im Meer, der natürlichen Wohnstatt der bösen Kräfte (Abgrund), umkommen.

VON DER ANGST ZUM FRIEDEN
Die Hirten und die gesamte Bevölkerung der Gegend reagieren angesichts des Vorfalls mit Angst Die Erzählung wirft auch in unserem Zusammenhang die Frage nach der Identität und Autorität Christi auf. Jesus bleibt auch für die Fremden in jenem Gebiet wie für seine Jünger ein Rätsel. Die Menschen sehen zwar den befreiten Mann bei Jesus sitzen, „ordentlich bekleidet und wieder bei Verstand", aber gleichzeitig „sehen sie nicht" mit den Augen des Glaubens, dass Jesus der Messias ist Die Angst erlaubt ihnen nicht, das Neue an der Botschaft der Befreiung zu erfassen. Dadurch erklärt sich die weitere Erzählung: „Darauf baten die Leute Jesus, ihr Gebiet zu verlassen." (s. 17). Die Heilung des Herzens und das Geschenk des Friedens brauchen Zeit, tiefe Beziehungen, Gemeinschaft und Liebe.

GEH NACH HAUSE
Die letzte Szene zeichnet sich durch eine bemerkenswerte Kraft aus und wird zukunftweisend. Der geheilte Mann erkennt schließlich die Größe des Herrn und bittet ihn, sein Jünger werden zu dürfen. Die Jüngerschaft schließt aber in sich den Ruf seitens des Herrn ein. Der Mann wurde zwar geheilt, aber nicht zur Jüngerschaft berufen. In der Ablehnung des Herrn liegt vielleicht der Gedanke, dass die Evangelisierung der Heiden erst nach der Auferstehung stattfinden würde. Der Auftrag, den Jesus am Ende gibt, spricht jedoch für sich: „Geh nach Hause und berichte deiner Familie alles, was der Herr für dich getan und wie er Erbarmen mit dir gehabt hat" (s. 19). Die Wiederherstellung der familiären und sozialen Beziehungen ist das erste, was die Befreiung vom Bösen bewirkt Der geheilte Mann wird zum Zeugen der „großen Dinge", die er erlebt hat und kann nicht anders als allen das Staunen über die Freiheit Gottes zu „verkünden".
(Quelle: Don Guiseppe de Virgilio in "Die Stimme Padre Pios", Jan./Febr. 2016, S. 14-17, San Giovanni Rotondo, Italien)
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