|
Die Schöpfung
Franz
Spirago - Katholischer Volkskatechismus 1914
Die Geschichte der Schöpfung berichtet uns Moses zu Beginn der Hl. Schrift.
Der Bericht des Moses ist keine Fabel, sondern beruht auf Wahrheit. Moses war vom Heiligen Geiste erleuchtet und schrieb Gottes Wort auf. Gott mag ihm in einer Vision den Hergang der Schöpfung gezeigt haben. - Der Bericht des Moses stimmt übrigens mit den Ergebnissen der Naturforschung vollkommen überein; namentlich zeigt die Untersuchung der Erdrinde, dass die organischen Wesen in der von Moses angegebenen Reihenfolge entstanden sind. Daher bewunderten bisher alle Naturforscher diese mehr als 3000 Jahre alte Erzählung des Moses. - Doch berichtet Moses fast nur jene schöpferische Tätigkeit Gottes, die sich auf unsere Erde bezieht.
1.
Im Anfang erschuf Gott die geistige und die körperliche Welt.
(Kz. Vatik. 3, 1)
„Im Anfange", d. i. am Anfange der Zeit, als außer Gott noch
nichts da war. Erst mit der Welt hat die Zeit begonnen; es konnten daher
keine Zeiten verfließen, bevor Gott die Welt gemacht hatte (hl. Aug.).
Die Hl. Schrift sagt also nicht, wann die Welt erschaffen wurde, sondern
sie sagt nur soviel, dass die Welt nicht ewig, sondern nur einmal gemacht
worden ist. Immerhin konnte die Welt Millionen Jahre vor der Erschaffung
des Menschen entstanden sein. Dafür spricht sogar der Umstand, dass
von manchen Himmelskörpern das Licht auf unserer Erde gesehen wird,
das doch Millionen Jahre braucht, um zu uns herabzukommen. - „Er schuf",
d. h. brachte aus nichts hervor. Wie aber der Geist Gottes die Materie
und die ihr innewohnende Kraft hervorgebracht hat, ist und bleibt uns verborgen.
- Statt: „geistige und körperliche Welt" sagt der hl. Paulus: „Das
Unsichtbare und das Sichtbare" (Kol 1,16). Moses sagt: "Im
Anfange schuf Gott Himmel und Erde" (1. Mos. 1,1). Unter dem Worte
„Himmel" meint er nicht den Sternenhimmel; denn von dessen Bildung berichtet
er erst später (Vers 6-8; 14-19). Er meint den Aufenthaltsort der
Engel und Auserwählten. Nur den Heiden war es eigen, diesen „Geisterhimmel"
mit dem „Sternenhimmel" zu verwechseln; denn diese versetzten ihre Heroen
unter die Gestirne. Moses nennt die körperliche Welt Erde, weil eben
die Erde für die Menschen der wichtigste Teil der körperlichen
Welt ist. Man bedenke auch, dass gleich die ersten Worte der Hl. Schrift:
„Im
Anfange schuf Gott Himmel ..." den Menschen an sein letztes Ziel
im Jenseits erinnern!
Die geistige Welt sind die Engel und ihr Wohnort, der Himmel. Weil
die Engel vor unserer Erde, also gleichsam am Morgen der Erde erschaffen
worden sind, werden sie auch manchmal „Morgensterne" genannt (Job 38,7).
Die Hölle ist also nicht seit Grundlegung der Welt, wie der Himmel
(Mt 25,34), sondern Gott hat sie erst später nach dem Abfalle der
Engel erschaffen.
Die körperliche Welt sind alle Dinge, die sich im sichtbaren
Welträume befinden. Eine Verbindung von Geist und Körper sind
die Menschen; diese wurden erst später erschaffen (Kz. Lat. IV).
2.
Die körperliche Welt war anfangs wüst, ungestaltet und lichtlos.
Gott hat anfangs nur die Grundstoffe erschaffen, und aus diesen
bildete er alle Körper (hl. Aug.). Die Wissenschaft kennt bisher gegen
70 Grundstoffe. Moses nennt diese Grundstoffe oder Wesenheiten „die Wasser"
(hl. Hier., hl. Amb.). Die Grundstoffe lagen im Welträume durcheinander
herum wie der Sand in der Wüste, waren form- und lichtlos (1. Mos.
1,2). Jenes Ganze war dem Nichts nahe, da alles noch ungestaltet war; andererseits
war es dennoch etwas, da es gestaltet werden konnte (hl. Aug.). Dieser
erste Stoff, den Gott erschuf, veränderte sich allerdings durch die
Wirkung der von Gott gemachten Naturgesetze; aber der erste und letzte
Grund aller dieser Veränderungen war der Wille Gottes oder das schöpferische
Wort Gottes: „Es werde!"
Die Naturwissenschaft sagt: Dieser Urstoff, den Gott erschaffen hatte,
musste gasförmig gewesen sein und den ganzen Weltraum erfüllt
haben (Newton, Laplace, Kant). Dies ist gar nicht unmöglich, denn
alle Metalle und Gesteine lassen sich auch jetzt noch durch sehr große
Hitze in den gasförmigen Zustand überführen und nehmen dann
einen größeren Raum ein als zuvor. Ferner hat man mittels der
Spektralanalyse gefunden, dass die Sonne, die Planeten, ja sogar die Fixsterne
aus denselben chemischen Grundstoffen bestehen wie die Erde. Das lässt
auf einen gemeinsamen Ursprung schließen.
3.
Der körperlichen Welt hat Gott in sechs Tagen ihre gegenwärtige
Gestalt gegeben, (l. Mos. 1,3-31)
Die sechs Tage sind wahrscheinlich lange Zeiträume von vielen
Tausend Jahren (hl. Cyp.); denn der siebente Tag, der Ruhetag, dauert bis
zum Weltgericht, ist also auch ein ungeheurer Zeitraum. Übrigens konnten
vor dem vierten Tage, an dem erst die Sonne erschaffen wurde, keine solchen
Tage sein, wie wir sie jetzt haben. Der Ausdruck „Tag" wurde deshalb gewählt,
weil die Schöpfungswoche ein Vorbild der Menschenwoche sein sollte.
Am
ersten Tage schuf Gott das Licht.
Moses sagt: „Und Gott sprach: es werde Licht!
Und es ward Licht" (1. Mos. 1,3). Gott schuf also einen besonderen
Lichtstoff oder Feuerstoff. (Wenn es im biblischen Schöpfungsbericht
heißt: „Es werde", „bringe hervor", müssen wir annehmen, dass
etwas ganz Neues zu den vorhandenen Grundstoffen hinzugekommen ist.) Der
Lichtstoff, auch Äther genannt, ist der Träger des Lichtes, ebenso
wie die Luft der Träger des Schalles ist. Der Lichtstoff ist nicht
von der Sonne abhängig, vielmehr die Sonne von ihm; denn es gibt auch
Licht ohne Sonne, z. B. das Gaslicht, Lampenlicht, Nordlicht usw. - Die
Naturwissenschaft sagt: Der gasförmige Urstoff war ursprünglich
„ungestaltet", d. h. regungslos und aller Kräfte bar. Da legte Gott
in ihn eine Kraft hinein, die Schwere oder Gravitation, vermöge der
alle Stoffteilchen eine Anziehungskraft aufeinander ausüben, in Bewegung
gerieten und sich an einzelnen Stellen verdichteten. Durch diese Bewegung,
Reibung und Verdichtung entstand Wärme und endlich Feuer. (Bei zwei
aneinander geriebenen Holzstücken findet bekanntlich dasselbe statt.)
Am ersten Schöpfungstage geriet also infolge der Bewegung Feuer, die
Hauptursache des Lichtes, in die im Weltraum vorhandenen Massen und machte
diese zu einer feurigen und leuchtenden Masse.
Am
zweiten Tage schuf Gott das Firmament.
Moses sagt: „Auch sprach Gott: Es werde eine
Veste in der Mitte der Wasser und sondere Wasser von Wassern ... Und
Gott nannte die Veste Himmel" (1. Mos. 1, 6-8). Der zweite Schöpfungstag
wird gewöhnlich in folgender Weise erklärt: An diesem Tage fand
die Teilung, Anordnung und Befestigung der Schöpfungsmassen statt.
Die Schöpfungsmassen, die ursprünglich beisammen waren, teilten
sich nämlich in Teile von verschiedener Beschaffenheit und Größe,
fuhren auseinander nach verschiedenen Richtungen und mit verschiedener
Geschwindigkeit und gelangten in die Bahnen, die Gott für sie bestimmt
hatte, und worin sie auf Anordnung Gottes festgehalten werden. Diese Befestigung
der Weltmassen im weiten Himmelsraume durch die Bahnen der Gestirne wird
„Firmament" oder „Veste" genannt. Weil nun diese Bahnen der Gestirne im
weiten Himmelsraume sich befinden, so pflegt man den Himmelsraum selbst
mit den Gestirnen und ihren Bahnen „Firmament" (Befestigung, Veste) zu
nennen. „Und Gott nannte die Veste (d. h. die Befestigung
der Gestirne im weiten Himmelsraume, das Firmament) Himmel" (1. Mos. 1,8).
So nennen auch wir es noch heute. Dieser Himmel ist also der Sternhimmel
im Gegensatze zum Geisterhimmel. Einen Teil von diesen Weltmassen hat Gott
für die Erde bestimmt; somit ist auch diese aus den gleichen Grundstoffen
gebildet, wie die anderen Himmelskörper. - Über die Befestigung
der Weltmassen schreibt Moses weiter: „Und Gott machte
die Veste und sonderte die Wasser, welche unter der Veste waren, von denen,
die über der Veste waren" (1. Mos. 1,7). Damit ist offenbar
gemeint, dass Gott jene Weltmassen, die zur Schaffung der nach festen Gesetzen
sich bewegenden Gestirne notwendig waren, von denen schied, die den Raum
über oder vielmehr außerhalb dieser Gestirne ausfüllen
sollten. - Die Naturwissenschaft sagt: Durch die Verdichtung der Schöpfungsmassen
entstanden feurige Gasballen von verschiedener Größe und Beschaffenheit,
die sich gegenseitig anzogen und dadurch in feste Bahnen gerieten. Auch
unsere Erde war ursprünglich eine feuerflüssige Kugel, eine kleine
Sonne, die Licht und Wärme in den Weltraum hineinstrahlte, und von
der weit größeren Sonnenkugel angezogen wurde.
Am
dritten Tage schuf Gott das trockene Land und die Pflanzen.
Die Gestirne des Himmels sind von der Zeit, wo sie sich nach bestimmten
Richtungen im Welträume zu bewegen anfingen, nicht unverändert
geblieben, sondern haben sich immer weiter ausgestaltet. Moses befasst
sich jedoch nur noch mit dem Zunächstliegenden, mit unserer Erde.
Von der weiteren Ausgestaltung der Gestirne berichtet er nur so viel, als
es für unsere Erde von Bedeutung ist. - Die Naturwissenschaft sagt:
Die Erde, die ursprünglich ein feuriger Gasball war, verlor nach und
nach ihre Hitze, weil sie durch den (gegen 150 Grad) kalten Weltraum abgekühlt
wurde. Daher schlugen sich die Wasserdämpfe, die sich in der Atmosphäre
befanden, allmählich nieder; die ganze Erdoberfläche war sodann
von einem (ungefähr 4.500 Meter) tiefen Meere bedeckt. Weil sich unter
dem Meere das Feuer befand, so war das Meerwasser siedend. Da aber die
Atmosphäre und die Oberfläche der Erde durch den kalten Weltraum
immerfort noch abgekühlt wurde, so verlor das Wasser immer mehr seine
Hitze und gleichzeitig fingen jene Mineralien, die sehr schwer schmelzbar
sind, Quarz, Tonerde u. dgl., unter dem Wasser an, zu erstarren. So bildete
sich unter dem Wasser eine Gesteins- und Erdkruste. Da sich aber alle Körper,
die abgekühlt werden, zusammenziehen, so entstanden in der Erdkruste
Spaltungen, durch die dann das Wasser eindrang. Dadurch wurde das Meer
stellenweise ungemein tief (bis 10.000 Meter, also etwa so tief, als die
höchsten Berge hoch sind) und die Erdrinde stellenweise immer mehr
vom Wasser frei. Außerdem wurde das in das Innere der Erde eingedrungene
Wasser durch das Feuer in Dampf verwandelt und durch den Dampf wurden dann
weite Strecken der Erdrinde mit Gewalt emporgeschleudert oder mindestens
gehoben. Auf diese Weise entstanden die Gebirge und das Festland mitten
im Meer. (Welch furchtbare Kämpfe haben also einstens auf Erden gewütet!
Die Ausbrüche der Vulkane sind nur ein schwaches Abbild davon.) Nun
konnten sich bereits auf dem ohnehin sehr feuchten Festlande unter dem
Einflüsse der Erdwärme und des vorhandenen Lichtstoffes organische
Wesen entwickeln. Diese entstanden aber nicht mehr aus dem Nichts, so wie
der Urstoff, sondern aus jenen Stoffen, die bereits da waren. Gott hat
den vorhandenen Stoffen eine bestimmte Form gegeben und Lebenskraft mitgeteilt.
(Sekundäre Schöpfung.) Gott kann auch in die Materie die zur
Erzeugung organischer Wesen notwendigen Kräfte hineingelegt haben.
Keineswegs aber konnten organische Wesen durch Vereinigung bestimmter unorganischer
Stoffe (durch Urzeugung) entstehen; denn alle Gelehrten der Welt zusammen
sind nicht imstande, durch Vereinigung gewisser Stoffe eine Pflanze oder
ein Tier hervorzubringen. Ferner ist es ganz unmöglich, dass auf einmal
von selbst so wunderbar geformte Körper entstehen könnten; nicht
einmal eine tote Maschine entsteht von selbst aus der Erde, der Menschengeist
muss sie zusammenstellen. Auch ist es unmöglich, dass schon bei der
Erschaffung des Urstoffes die Urzellen erschaffen worden wären, woraus
sich dann organische Wesen hätten bilden können; denn diese Urzellen
hätten müssen zugrunde gehen und zwar im Weltraume wegen der
großen Kälte, auf der Erde aber wegen der großen Hitze.
Am
vierten Tage schuf Gott Sonne, Mond und Sterne.
Am vierten Schöpfungstage wird das Verhältnis der Gestirne
zur Erde vollständig geregelt. Das Feuer nahm auf Erden fortwährend
zu, und die Erde wäre schließlich wieder in gänzliche Finsternis
geraten. Deshalb sorgte Gott für ihre weitere Beleuchtung und Erwärmung.
- Die Naturwissenschaft sagt: Durch die fortschreitende Abkühlung
auf der Erde verlor das Meer immer mehr seine Hitze; daher stiegen nur
noch wenige Wasserdämpfe daraus empor. Die Lichtkörper wurden
auf der Erde sichtbar; die Sonne gewann auf der Erdoberfläche Einfluss
und bewirkte von nun an den Wechsel der Jahreszeiten und den Wechsel zwischen
Tag und Nacht. Die Sonne hatte ursprünglich nur ein sehr schwaches
Strahlungsvermögen und nahm erst später, also am vierten Schöpfungstage,
ihre jetzige Gestaltung an. - Ob die Gestirne des Himmels von lebenden
Wesen bewohnt sind, hat uns Gott nicht geoffenbart; es ist dies für
unser Seelenheil auch von keiner Bedeutung. Nur wissen wir, dass Gott durch
Erschaffung der Gestirne den Engeln eine Freude gemacht hat (Job 38,7),
und dass die Gestirne da sind, damit die Menschen daraus die Majestät
Gottes erkennen (Rom 1,20). Manche meinen, die Gestirne seien bewohnt;
sie sagen nämlich: „Sieht man in einer Stadt mehrere Häuserreihen
und findet das erste Haus bewohnt, so kann man vernünftig schließen,
dass auch die übrigen bewohnt seien. Wie sollten so viele Wohnungen
leer stehen? Zu was wären sie denn da? Ähnlich verhält es
sich mit den Himmelskörpern" (Bisch. Galura). Nun, sollten wirklich
lebende Wesen auf den Himmelskörpern sein, dann müssten aber
diese von denen auf der Erde grundverschieden sein. Schon auf dem Monde
ist keine Luft, kein Wasser, kein Feuer, daher auch kein Schall, kein Wind,
kein Regen, keine Blume, ein beständig schwarzer Himmel und endlich
eine sehr lange Nacht von 350 Stunden. O wie schön haben wir es auf
unserer Erde! Welcher Dank gebührt Gott!
Am
fünften Tage schuf Gott die Fische und die Vögel.
Am sechsten Tage schuf Gott die Tiere auf dem Lande und zuletzt
den Menschen. Die Tiere sind zumeist deshalb erschaffen worden, damit sie
durch ihre Zahl, Mannigfaltigkeit, Größe, Stärke und Geschicklichkeit
die Größe und Macht des Schöpfers verkünden; auch
sind sie da, um den Menschen zu nützen; sie dienen ihm zur Nahrung,
Kleidung, Arznei usw. Fast alle Tiere sind wegen eines an ihnen stark ausgeprägten
Triebes lebendige Bilder irgendeiner Tugend oder irgendeines Lasters. (Der
Fuchs ist ein Bild der List, der Hund der Treue, das Schaf der Geduld,
die Biene der Arbeitsamkeit usw.) Der Mensch ist zwar das jüngste
unter allen lebenden Wesen, aber er überragt alle an Würde. Der
Mensch ist die Krone der Schöpfung. Gott hat auch deshalb den Menschen
so spät erschaffen, um zu zeigen, wie hoch er ihn ehre. Wenn ein König
in eine Stadt einziehen soll, so wird seine ganze Dienerschaft vorausgeschickt,
um alles für seinen Einzug vorzubereiten. So hat auch Gott zuerst
das erschaffen, was zum Dienste des Menschen bestimmt ist, und dann den
Menschen selbst (hl. Chryst.). Erst als das Reich vollendet war, durfte
der Herrscher geschaffen werden (hl. Gr. Nz.). Gott hat den Palast früher
gemacht, damit der König einziehen könne (Lact.). Auch dadurch
zeigte Gott, wie sehr er den Menschen ehre: Er sprach bei der Erschaffung
des Menschen nicht wieder: „Es werde", sondern er ging gleichsam mit sich
selbst zu Rate.
4.
Am siebenten Tage ruhte Gott aus. (1. Mos. 2,2)
Gott ruhte nicht etwa so wie ein müder Handwerker. Die Ruhe
Gottes bestand darin, dass Gott keine ganz neuen Gattungen von Geschöpfen
mehr ins Dasein rief, nämlich keine Geschöpfe, die nicht schon
in den Werken der sechs Tage einigermaßen dagewesen wären (hl.
Th. Aq.). Die Ruhe Gottes war nichts anderes, als die Anordnung, dass die
einmal geschaffene Ordnung gewahrt werde (Cl. AI.). Trotz dieser Ruhe hört
aber das Wirken Gottes nicht auf (Joh 5,17); denn würde Gott nicht
fortwährend wirken, so könnte das Erschaffene nicht weiter bestehen.
- Sowie Gott nach seinen Werken ruhte, so werden auch wir einstens nach
unseren Werken in ihm ruhen (hl. Aug.).
Aus der Geschichte der Schöpfung ersehen wir, dass Gott die
Welt nach einem festen Plane erschaffen hat.
Gott schritt vom Niederen zum Höheren vor. Gott schuf zuerst
jene Dinge und Wesen, die den kommenden zum Leben notwendig waren, z. B.
zuerst die Pflanzen und dann die Tiere, die bekanntlich der Pflanzenkost
bedürfen. - In den ersten drei Tagen
trennte Gott die Dinge voneinander; in den drei folgenden Tagen
schmückte er das Erschaffene aus. - Die ersten drei Schöpfungstage
entsprechen den drei folgenden: Am ersten machte Gott das Licht, am vierten
die Lichtkörper; am zweiten trennte er Wasser und Luft voneinander,
am fünften schmückte er Wasser und Luft mit Fischen und Vögeln
aus, am dritten machte er das trockene Land, am sechsten schmückte
er es mit Landtieren.
Aus der Geschichte der Schöpfung ersehen wir ferner, dass Welt nicht ewig ist. Christus betete beim letzten Abendmahle: „Vater, verherrliche mich bei dir selbst mit jener Herrlichkeit, die ich bei dir hatte, ehe die Welt war" (Joh 17,5).
Der christlichen Lehre von der Schöpfung der Welt widersprechen
die sogenannten Materialisten und die Pantheisten.
1) Die Heiden meinten, die Welt sei durch zufälliges Zusammenfallen
ewig seiender Atome, d. i. sehr kleiner, unteilbarer Körperchen, entstanden.
(Die Ansicht des Epikur.) Nun kann es mehrere Wesen geben, die ewig sind?
Kann ein ewiges Wesen von einem andern abhängig sein? (Die Atome verbinden
sich gegenseitig, sind also voneinander abhängig.) Können die
Atome von selbst in Verbindung geraten? Kann durch Zufall eine so wundersame
Ordnung entstehen? (Wird sich etwa eine Menge hingeworfener Buchstaben
zufällig so verbinden, dass man ein ganzes gedrucktes Buch vor sich
hat?) Dass Atome ursprünglich gewesen sein mögen, ist möglich;
nur waren sie nicht ewig und sind auch nicht von selbst in Verbindung geraten.
- 2) Andere dachten, die Welt sei aus einem ewigen Urstoffe von Gott oder
von Engeln gebildet worden; also Gott wäre nicht der Schöpfer,
sondern Baumeister der Welt. (Die Ansicht von Aristoteles und heute noch
der Materialisten) Nun kann etwas Veränderliches und Teilbares, die
Materie, ewig sein? Und wie konnte sich aus der Materie etwas Geistiges,
z. B. der Menschengeist entwickeln? Woher ist das Leben organischer Wesen?
- 3) Andere meinten wieder, die Welt habe sich aus dem Wesen Gottes entwickelt,
ähnlich, wie sich aus der Raupe der Schmetterling entwickelt; daher
sei alles, was wir sehen, Gott. (Die Ansicht der alten Indier; heute vertreten
diese Ansicht die Pantheisten - griechisch pan theos = Alles Gott). Nun,
wenn die Welt Gott ist, dann müsste sie unteilbar und unveränderlich
oder zum mindesten müssten die Teile der Welt unsterblich sein; das
ist aber nicht der Fall. Dann wäre der Mensch Gott und brauchte daher
nicht zu gehorchen; das hätte aber die Auflösung der menschlichen
Gesellschaft zur Folge. Dann wäre auch das Rindvieh Gott - das geht
noch an, denn dieses wurde von den Ägyptern angebetet - es wären
aber auch Frösche, Mücken und Ameisen Gott. Das ist ja geradezu
lächerlich (Lact). Wenn alles Gott ist, so beginge der Fleischhauer,
der ein Tier schlachtet, und der Jäger, der einen Hasen schießt,
einen Gottesmord. Die Pantheisten verwechseln die Schöpfung mit dem
Schöpfer. Schopenhauer (+ 1860) sagt, der Pantheismus verwechsele
den Tisch mit dem Tischler, das Haus mit dem Baumeister, das Kunstwerk
mit dem Künstler. Im Kunstwerk stellt allerdings etwas vom Künstler,
nämlich seine Kunstfertigkeit. Diese ist jedoch nicht der Künstler
selbst. In dieser Theorie ist nur wahr, dass alles von Gott hervorgegangen
ist, dass sich alles nach und nach entwickelt hat, und dass alles, was
da ist, in Gott existiert. (Man denke an die Allgegenwart Gottes.) Nur
ist alles Existierende vom Wesen Gottes gänzlich verschieden.
Woraus,
aus welcher Ursache und zu welchem Zwecke hat Gott die Welt erschaffen?
1. Gott hat die Welt aus nichts gemacht; es
genügte sein bloßer Wille.
Woraus waren die vielen Pflanzen und Tiere auf Erden? Aus welchem
Samen sind sie entstanden? Das Wort Gottes war der Same. Gott sprach nur:
„Es werde" und gleich ward Himmel und Erde. - Die Menschen können
nur aus einem vorhandenen Stoffe etwas machen. Gott aber hat auch den Stoff
gemacht, aus dem er alles bildete. Die Menschen bedürfen auch zur
Verfertigung einer Sache der Werkzeuge, müssen sich abmühen und
brauchen eine gewisse Zeit zur Vollendung. Gott aber hat nur gewollt, und
es war schon da (Ps 148,5). Gott brauchte auch nicht zu sprechen; sein
Sprechen ist nichts anderes als sein Wille. Die ganze Welt mit ihrer Pracht
hat Gott aus nichts hervorgebracht. Epikur sagt: Aus nichts wird nichts.
(Sollte vielmehr heißen: Durch nichts wird nichts.) Das ist allerdings
wahr; aber die Welt ist ja nicht aus Nichts geworden, sondern ist von Gott
aus Nichts gemacht.
Alles, was Gott erschaffen hatte, war sehr
gut.
Gott selbst lobte seine Werke (1. Mos. 1,31). Die Welt war sehr
gut, weil sie von dem göttlichen Willen in nichts abwich, sondern
mit ihm vollkommen übereinstimmte (hl. Amb.). Gott lobte seine Werke,
weil wir und alle Geschöpfe sie nicht genug loben können (hl.
Chrys.). Wollen also auch wir Gott in seinen Werken loben; machen wir es
den drei Jünglingen im Feuerofen nach (Dan 3). - Was schlecht geworden
ist, ist dadurch schlecht geworden, dass die Geschöpfe ihren freien
Willen missbrauchten. Doch kann kein Ding, das existiert, der Wesenheit
nach schlecht werden. Alles, was existiert, muss mindestens teilweise gut
sein (hl. Aug).
2. Den lieben Gott hat seine große Güte
dazu bewogen, die Welt zu erschaffen; er wollte nämlich vernünftige
Wesen glücklich machen.
So wie ein guter Vater seinen Kindern schöne Bilder zeigt,
damit sie sich freuen und ihn lieben, geradeso hat auch Gott seine Herrlichkeit
vernünftigen Leuten zeigen wollen, damit sie sich darüber freuen
und glücklich seien. „Weil Gott gütig ist, deshalb sind wir"
(hl. Aug.). Zur Erschaffung der Welt hat Gott nichts anderes bewogen als
seine Güte, die er andern mitteilen wollte (hl. Th. Aq.). Deshalb
sind alle irdischen Dinge zu unserm Wohle da; einige zur Erhaltung des
Menschen (wie Erde, Pflanzen, Tiere), andere zur Belehrung (wie die Himmelskörper),
andere zur Ergötzung (wie Farben, Wohlgeruch, Gesang), wieder andere
zur Prüfung, wie Armut, Krankheit, Unglück, Raubtiere (hl. Bern.).
Mein Herr und mein Gott! Alles, was ich auf der Erde sehe, sagt mir, dass
du es mir zu Liebe gemacht hast und fordert mich auf, dich zu lieben (hl.
Aug.). Gott war durch nichts genötigt, die Welt zu erschaffen. Gott
bedurfte der Welt nicht (Athg.). Um anzuzeigen, dass er nach freiem Wohlgefallen
handle, schuf Gott die einzelnen Dinge nicht auf einmal, sondern nach und
nach (Bossuet).
3. Die Welt selbst aber sollte den Zweck haben,
den vernünftigen Geschöpfen die Herrlichkeit Gottes offenbar
zu machen.
Das Werk sollte den Meister loben, und zwar durch seine Vortrefflichkeit,
gleich wie ein schönes Bild zur Verherrlichung des Malers dient. Bei
jedem Werke muss man nämlieh unterscheiden: den Zweck des Werkmeisters
(das, was den Meister zur Arbeit bewegt) und den Zweck des Werkes (das,
wozu eine Sache bestimmt ist). Bei der Uhr z. B. ist der Zweck des Werkmeisters
der Verdienst des Uhrmachers, der Zweck des Werkes aber ist das Anzeigen
der Stunden. Bei der Welt ist der Zweck (Beweggrund) des Werkmeisters die
große Güte Gottes, der Zweck des Werkes die Verherrlichung Gottes
und die Glückseligkeit der vernünftigen Geschöpfe. Die vernünftigen
Geschöpfe sollten nämlich dadurch, dass ihnen Gott seine Majestät
zeigt, glücklich sein. - Die ungeheure Zahl und die große Mannigfaltigkeit
der lebenden und leblosen Wesen auf Erden, ferner die ungeheure Anzahl
der Gestirne (Ps 18,1) ist also nur deswegen da, damit die Engel und Menschen
die Majestät Gottes erkennen und bewundern. Was ich sehe, ruft mir
zu: Gott, wie groß, wie gut bist
du. - Die Engel und die Menschen selbst aber sind aus keinem
anderen Grunde da, als dass sie die Majestät Gottes erkennen und loben.
Von den hl. Engeln wissen wir auch, dass sie Gott unaufhörlich anschauen
und loben (Jes 6,3). Und von den Menschen sagt der hl. Augustin: „Du hast
uns für dich gemacht, o Gott! Und unruhig ist unser Herz, solange
es nicht in dir ruhet, o Herr!" - Was die Teufel anbelangt, so müssen
auch diese zur Verherrlichung Gottes beitragen; denn einerseits zeigen
sie in der Hölle, wie groß die Heiligkeit und Gerechtigkeit
Gottes ist, andererseits aber wieder wendet Gott die von ihnen gemachten
Versuchungen zu seiner Ehre und zum Seelenheile der Menschen. - Was die
Verdammten anbelangt, so verliert Gott durch sie nichts an seiner Ehre;
denn die Auserwählten werden ewig seine Barmherzigkeit und die Verdammten
ewig seine Gerechtigkeit verherrlichen (Maria Lat.). Der Herr hat alles
um seiner selbst willen gemacht (Spr 16,4). Jeden,
der den Namen Gottes anruft, hat Gott zu seiner Ehre erschaffen (Jes 43,7).
Doch erschuf Gott die Welt nicht etwa, um seine Herrlichkeit zu vermehren
oder erst zu erlangen (Vat. Kz. 1,3). Denn Gott ist überaus glückselig
und bedarf daher keiner Sache. - Gott ist auch nicht ehrgeizig, denn er
will nur jene Ehre, die ihm gebührt.
Weil also alle Geschöpfe der Verherrlichung Gottes wegen da
sind, so sollen wir sie nicht leichtfertigerweise zerstören.
Die Geschöpfe sind ein Spiegel, worin sich der Schöpfer
zeigt. Tiere, Pflanzen usw. sind also gleichsam Boten Gottes, die Gottes
Allmacht, Weisheit, Güte und Schönheit verkünden. Wer das
beachtet, wird nicht mutwillig die Herrlichkeiten der Natur vernichten,
wird nicht grausam sein gegen die Singvögel und die anderen lebenden
Wesen; ja er wird nicht einmal die leblosen Gegenstände in der Natur
beschädigen.
Und weil auch wir der Verherrlichung Gottes wegen da sind, so sollen
wir bei allen unseren Handlungen die Absicht haben, Gott zu verherrlichen.
Unser Wahlspruch sei: „Alles zur Ehre Gottes"! Der hl. Paulus befiehlt:
„Wenn ihr esset oder trinket, oder sonst etwas tuet,
so tuet alles zur Ehre Gottes" (1 Kor 10,31). Nichts ist leichter
als die Verherrlichung Gottes, da man selbst die geringsten Dinge zur Ehre
Gottes verrichten kann (hl. Chrys.). Erwecke täglich früh und
öfters während des Tages die gute Meinung. Wie lautet das Gebet
zur Erweckung der guten Meinung?
(Quelle: "Dienst am Glauben",
Heft 2 - 2015, S. 43 - 50, Moosweg 27, A-6094 Axams)