|
Prof. Dr. Georg
May hat kürzlich in seiner bewegenden Predigt über
„die sündentilgende Kraft wahrer Reue" Worte gefunden, die ich Ihnen
nicht vorenthalten möchte: „Reue ist ein Wort, das in der Gegenwart
weithin zu einem Fremdwort geworden ist. Heute spricht man von Freude und Frohlocken,
vom Jubel... von Reue ist da nicht die Rede, sondern von Bequemlichkeit,
von Heiterkeit. Wir lehnen es heute ab, dass Männer weinen. Wir meinen,
es sei unmännlich, wenn Männer Tränen vergießen. Aber
Petrus war auch ein Mann, und er hat Tränen vergossen, bittere Tränen,
als er den Herrn verleugnet hatte. „Er ging hinaus
und weinte bitterlich." Von ihm können wir lernen, was Reue
ist. Es ist jener Schmerz der Seele, der einem Menschen die Tränen
aus den Augen treiben kann. „Mein Herz, o Gott, spricht zu dir. Dein Antlitz
suche ich." Wie kommt man zu dieser Reue, die von Herzen kommt und zum
Herzen geht, aus dem eigenen Herzen entströmt und das Herz Gottes
findet? Man kommt zu dieser Reue, wenn man die Sünde betrachtet als
das, was sie ist, nämlich als eine Beleidigung Gottes. Alles andere
ist auch wichtig, dass sie ein Schaden ist für mich und für die
Welt, dass sie das geistliche Leben raubt. Aber zuerst und zuoberst ist
die Sünde eine Beleidigung Gottes. Es gibt heute Leute, die das bestreiten.
Sie sagen: "Gott kann nicht beleidigt werden." Wirklich nicht? Beleidigung
ist die vorsätzliche Kränkung der Ehre eines anderen. Sie kann
erfolgen durch Worte, durch Zeichen, durch Tätlichkeiten. Auch Gott
hat eine Ehre. Ehre ist die durch Worte oder Zeichen oder Taten bezeugte
Achtung vor einer Person, das Angesehensein aufgrund eines Wertes. Eine
solche Ehre kommt auch Gott zu. Er hat eine Ehre, und sie besteht darin,
dass die Schöpfung seinen Willen erfüllt, dass sie ihm Gehorsam
leistet.'... Der menschliche Gehorsam ist Ausdruck der Ehrung Gottes. Und
wer ihm den Gehorsam versagt, der entehrt Gott, der verunehrt Gott." Hier
hat Professor May klare Worte gefunden, die wir leider im Alltag nicht
zu hören bekommen, die wir aber so dringend brauchen würden,
um eine Umkehr im Zusammenleben zu bewirken. Und er erinnert in seiner
Predigt weiter an jene Eigenschaft, die heute gar nicht mehr modern ist,
nämlich die Demut:
„Die Reue schließt auch die Demut ein. Der Stolze meint, er
habe weiter nichts angerichtet. Aufrichtige Reue demütigt. Sie lässt
uns erkennen, wie schwach wir sind, wie wenig wir Gott wirklich lieben.
Wer von herzlicher Reue ergriffen ist, der erkennt in aller Demut seine
Erbärmlichkeit. Diese Reue war in dem verlorenen Sohn. Wir achten,
wenn wir das Gleichnis hören, nicht auf den letzten Satz, und der
ist vielleicht der wichtigste. Er sagt vorher: „Ich
habe gesündigt gegen den Himmel und vor dir. Ich bin nicht mehr wert,
dein Sohn zu heißen." Da wissen wir, dass echte
Reue Strafe fordert, Strafe, die wir uns selbst auferlegen. Die winzige
Buße, die der Beichtvater auferlegt, ist nicht sinnlos, denn sie
ist ja im Sakrament vereint mit dem Sühneleiden Christi. Aber darüber
hinaus sollten wir nicht versäumen, uns selbst Buße, also Strafe,
aufzuerlegen. In diesem Sinne lasst uns beten, für eine bessere Welt,
für alle Geschöpfe auf Gottes Erde!
O. Z.
(Quelle: "Der Gefährte",
Heft Nr. 3-2017, S. 3, St. Andrä) - Mediatrix-Verlag
- LINK
„Wie Jona für die Einwohner von Ninive ein Zeichen war, so wird es auch der Menschensohn für diese Generation sein“ Lk 11,30
Das Lazarett der Reue steht allen Erkrankungen der Seele offen: Kommt, lasst uns hineilen und Kraft bekommen für unsere Seelen. Im Bereuen hat die Sünderin ihren Frieden wiedererlangt, ist Petrus befreit worden von seiner Treulosigkeit, konnte David seine Schwermut ablegen, sind die Einwohner Ninives heil geworden (Lk 7,50; 22,62; 2 Sam 12,13). Lasst uns also nicht zaudern, lasst uns aufstehen, und dem Herrn unsere Verwundung zeigen, lassen wir uns verbinden! Denn die Art und Weise, wie er unserer Reue begegnet, übertrifft alle Erwartung.
Von keinem einzigen, der zu ihm kommt, verlangt er irgendein Honorar; denn er könnte ihm nichts schenken, was den gleichen Wert hätte wie die Heilung. Ohne Entgelt haben alle ihre Gesundheit wiedererlangt, haben aber gegeben, was sie konnten: Tränen an Stelle von Geschenken; denn Tränen sind für diesen Befreier kostbare Erzeugnisse der Liebe und Sehnsucht. Zeugen dafür sind die Sünderin, Petrus, David und die Bewohner von Ninive; denn als sie dem Befreier zu Füßen fielen, hatten sie nur ihr Seufzen und Weinen mitgebracht, und er nahm ihre Reue an.
Tränen sind manchmal stärker als Gott, wenn man so sagen
darf; sie tun ihm wirklich Gewalt an. Denn der Barmherzige lässt sich
mit Freuden durch Tränen, jedenfalls durch gottgewollte Trauer, in
Ketten legen (vgl. 2 Kor 7,10) [...] Weinen wir also von Herzen wie die
Bewohner Ninives, die durch ihre Reue den Himmel aufschlossen und vom Befreier
wahrgenommen wurden, der ihre Reue annahm.