der oft zur Heilung führt! |
In der Tat, das Sterben des Christen ist, mehr als nur etwas Tröstliches, es ist etwas Heiliges; es ist mehr als eine bloße Unabwendbarkeit, es ist die wahre Krönung und Vollendung seiner wunderbaren und geheimnisvollen Einheit mit Christus, und der Herr gießt über das Sterben seiner Glieder den vor den Menschen zwar verborgenen, vor Gott aber offenbaren Glanz und Wohlgeruch seines eigenen Opfertodes aus. Daß die Welt, die „uns nicht kennt", auch von der Herrlichkeit unseres Sterbens nichts weiß, kann nicht verwundern und sollte uns überhaupt nicht beunruhigen. Daß aber getaufte Glieder Christi, Teilhaber seiner Herrlichkeit, davon kaum etwas wissen, das ist schmerzlich. Ihre Augen sollten durch die Schleier des für alle geltenden Gesetzes die für sie verwandelte Bedeutung erkennen, sonst geben sie weder Christus noch sich selbst noch Gott die Ehre, die ihm gebührt, und loben ihn nicht mit jenem vor staunender Anbetung bebenden Überschwang, der wahrhaft würdig und recht ist. Damit wir dies alles aber nicht für zu gewagt halten ob der Größe und Schönheit, die uns darin zufällt, und damit unser Glaube, je größer und herrlicher das ist, was wir glauben sollen, um so zuversichtlicher sei, hat Gott uns in der Weisheit und dem Reichtum seiner Gnadenordnung ein Zeichen und Unterpfand gegeben, das uns von seiner Seite aus die Bestätigung aller unserer Hoffnungen gibt, eine sakramentale Besiegelung dieser unserer Christushoffnung im Sterben: die Krankenölung oder Letzte Ölung. Damit haben wir bereits die Hauptwirkung dieses Sakramentes angedeutet, die wir noch mehr herausheben wollen, weil sie ansonsten gern - aber zu Unrecht - im Hintergrund gelassen wird.
Die wichtigste
Gnadenwirkung aller Sakramente
Alle Sakramente teilen uns ihre ihnen eigenen Gnaden dadurch mit,
daß sie uns auf eine besondere Weise mit Christus, der Quelle aller
Gnaden, verbinden. So setzt sich in jedem Sakrament das Mysterium des Gottmenschen
fort, in dem eine geschaffene und sichtbare Natur zum Gefäß
und Vermittler der unsichtbaren Gnade wird, und zwar derart, daß
nicht nur das sakramentale Zeichen eine Ähnlichkeit mit der gottmenschlichen
Natur Christi erhält, sondern daß der empfangende Mensch selbst
wieder an dem sakramentalen Geheimnis Christi teilhat, so daß es
im Grund eben nur ein einziges sakramentales Christus- oder Gottmensch-Geheimnis
gibt. Dieser geheimnisvolle Leib, der durch die Sakramente auferbaut wird,
ist die Gnade schlechthin, er ist das Ziel jeder Gnade. Und die Funktion
jedes Sakramentes ist es, uns in Christus einzugliedern, in ihm zu erhalten,
das Leben der Gnade zu vermehren, wiederherzustellen und zu vollenden.
Die Sakramente bewirken also - ihrer Vielzahl und der jeweiligen
Situation des Menschen entsprechend, der der Gnade bedarf - vielerlei Gnaden
- zuletzt aber doch nur diese eine Gnade, die alle anderen in sich enthält,
ihr Ursprung und ihr Ziel ist: die Vereinigung mit Christus, dem Haupt.
Vom Menschen aus gesehen kann man es auch so ausdrücken: Die Sakramente
bringen das Glied Christi jeweils mit der Seite des „Reichtums Christi"
in Verbindung, die es jetzt gerade benötigt und auf die es als Glied
Christi auch einen Anspruch hat. Welcher Art ist nun die besondere Christusvereinigung
beim Sakrament der Letzten Ölung? Muß sie uns nicht mit dem
sterbenden Christus vereinigen?
Todesleiden
Christi und Herrlichkeit
Alle Sakramente weisen eine bedeutungsvolle Beziehung zum Tod und
zur Auferstehung Christi auf, bei einigen tritt sie bereits beim sakramentalen
Zeichen in Erscheinung, so z. B. bei der heiligen Eucharistie, die deshalb
auch „das Gedächtnis des Leidens Christi" genannt wird; ebenso bei
der Taufe, weil der Christ darin „in den Tod Christi eingegliedert wird";
sie ist darüberhinaus auch bei den anderen Sakramenten vorhanden,
nur ist sie nicht überall auf den ersten Blick zu erkennen. Wenn nun
schon diese Sakramente den Gläubigen in so starke Beziehung zum Leiden
und Sterben Christi bringen, wie viel mehr muß es dann der Fall sein
bei dem Sakrament, das dem Glied Christi nun helfen soll, sein ganzes Leben
durch sein Sterben in Christus hinein zu vollenden.
Und doch sehen die großen Theologen des Mittelalters, ganz
in Übereinstimmung mit den früheren Zeugnissen, in dem sinnfälligen
Zeichen der Heiligen Ölung nicht eigentlich das Leiden Christi ausgedrückt,
sondern die Herrlichkeit! „Durch die Salbung werden
wir mit dem auferstandenen Christus in eine Gestalt gebildet, denn sie
wird dem Abscheidenden gegeben im Zeichen einer Bestreichung (gleichbedeutend
mit Salbung) mit der künftigen Herrlichkeit, wenn alles Sterbliche
von dem Auserwählten abgestreift wird", sagt der heilige
Albertus Magnus. Ähnlich lauten sehr viele Stimmen der großen
Kirchenlehrer (nachzulesen bei Kern, De sacramento extremae iunctionis,
1907). In einem der allerältesten Zeugnisse über die Heilige
Ölung (Euchologium des Serapion) sind beide Gedanken miteinander verbunden;
nachdem dort ziemlich ausführlich die Kraft
Gottes wider mancherlei böse Krankheiten auf das Öl herabgerufen
wurde, schließt das Gebet: „damit verherrlicht werde der
Name dessen, der für uns gekreuzigt wurde und auferstand, der unsere
Krankheit und Schwäche auf sich nahm: Jesus Christus, der auch kommen
wird, zu richten die Lebendigen und die Toten."
Hierbei müssen wir uns vor Augen führen, daß es
in Christus kein Nacheinander mehr gibt, daß, so, wie er in seinen
Gliedern noch seine Passion fortsetzt, er auch im Himmel lebt und herrscht
in Herrlichkeit, und daß weiter, je mehr ein Glied in die Passion
eingeht, desto näher es auch der Herrlichkeit ist. Dieser Zusammenhang
zwischen Passion und Herrlichkeit, Leiden und Glorie ist das Gesetz Christi
und seiner Glieder. „Mußte nicht Christus dies
leiden und so in seine Herrlichkeit eingehen?" (Lk 24,26) „Wir müssen
mit ihm leiden, um auch mit ihm verherrlicht zu werden." (Rom 8,17)
Und wie der hl. Lukas und der hl. Paulus bezeugt auch der hl. Johannes
diesen Zusammenhang: Nach dem Weggang des Verräters: „Jetzt ist der
Menschensohn verherrlicht" - weil jener jetzt unmittelbar die Passion beginnen
läßt; und doch wieder im nächsten Vers: „Wenn
Gott in ihm verherrlicht ist, so wird Gott auch ihn verherrlichen in sich."
(Joh 13,3 lf)
Wie ist das zu verstehen: „Jetzt ist er verherrlicht", und darauf
„Gott wird ihn verherrlichen"? Für den Gläubigen, der ganz aus
dem Glauben, ganz aus Christus lebt, ist es so wie für Jesus selbst:
Nicht bloß trotz des Leidens, sondern gerade im Leiden hat er schon
die Herrlichkeit. Und derselbe Johannes, der den Herrn schon vor seinem
Sterben (mit dem Auge des Glaubens) in der Herrlichkeit sieht, sieht ihn
auch später in der Herrlichkeit mit den Zeichen des Leidens! „Ich
sah mitten vor dem Thron und den vier Wesen und mitten vor den Ältesten
ein Lamm stehen: wie geschlachtet"! (Oflfb 5,6) Das ist eines der
Kennzeichen des gottmenschlichen Geheimnisses, an dem von Christus her
auch der Gläubige teilhat: die seltsame Gleichzeitigkeit und Gegenwärtigkeit
der in dieser Welt auseinanderliegenden Zustände.
Salbung
- Heiliger Geist - Herrlichkeit
Mit Christus, dem Sieger und Vollender, der gerade durch sein Leiden
den Triumph erstritt, wird das Glied Christi vereinigt. Diese Verbindung
wird nun aber hergestellt und die besondere Gnade des Sakramentes angedeutet:
durch die Salbung! Salbung ist aber immer das Zeichen des Heiligen Geistes
und der Herrlichkeit. Was aber hat nun der Heilige Geist für eine
besondere Beziehung zu diesem Sakrament? Das Sterben Christi hat den Charakter
eines Opfers, nicht durch den äußeren Vorgang, sondern durch
die innere bewirkende Kraft, die Gesinnung, die das äußere Tun
und Erleiden beseelt und bestimmt. Darüber sagt der Hebräerbrief:
„Christus hat sich durch seinen ewigen Geist zum
Opfer dargebracht." ( (Hebr 9,14). Der Heilige Geist war also gleichsam
das Opferfeuer, in dem „das Fleisch der Sünde" verzehrt wurde, nicht
die Leiblichkeit überhaupt, sondern das Fleisch der Sünde, wie
der Apostel sagt. Was daraus hervorging aber, ist etwas ganz Geistliches,
Verklärtes, Verwandeltes: der Leib der Herrlichkeit. Dem Gliede Christi
ist der Heilige Geist zu demselben Zweck gegeben. Auch er ist „dem
Fleische nicht mehr schuldig, nach dem Fleische zu leben; wenn ihr nämlich
nach dem Fleische lebet, werdet ihr sterben; wenn ihr aber die Triebe des
Fleisches durch den Geist ertötet, werdet ihr leben" (Rom 8,12f).
Christsein, Christus angehören, im Geiste leben, seine Laster und
Lüste ans Kreuz geschlagen haben und immer wieder ans Kreuz schlagen,
ist also ein und dasselbe. „Die aber Christus Jesus
angehören, haben ihr Fleisch mit seinen Leidenschaften und Gelüsten
ans Kreuz geschlagen. Wenn wir im Geiste leben, so wollen wir auch im Geiste
wandeln " (Gal 5,24f). ,, Brüder, bringt euren Leib als ein lebendiges,
heiliges, Gott wohlgefälliges Opfer dar." (Rom 12,1).
Wir finden also in der Heiligen Schrift beides hinreichend bezeugt,
daß nicht bloß das Sterben des Christen, sondern sogar sein
Leben ein fortwährendes Opfer ist, und daß es der Heilige Geist
ist, durch den er ein Opfer zu sein vermag. Nun wundert es uns nicht mehr,
daß die Vollendung des Opfers auch in einer besonderen Weise dem
Heiligen Geist zukommt.
Hören wir darüber z. B. den heiligen Bonaventura. Von
einem Wort zum anderen wird uns die Heilige Ölung größer
und herrlicher erscheinen! „Es gibt Sakramente", sagt er, „die haben ihr
Vorbild und Gleichnis schon im Alten Bund, z. B. Taufe und Opfer. Es gibt
aber Sakramente, die ausschließlich dem Neuen Bund eigen sind: Firmung
und Ölung; hier wird die Gnade des Heiligen Geistes angezeigt, gemäß
der einer zum Kämpfer bestimmt wird (Firmung), auf daß er für
Christus zu sterben wagt, und zum König (Ölung), damit er in
das himmlische Königreich eingehen kann als das ihm zukommende Reich."
Wie ganz anders stellt sich hier dieses Sakrament dar im Gegensatz zu der
Auffassung vieler Christen, bei denen schon das Wort „Letzte Ölung"
ein beengendes Gefühl hervorruft! Sie ist vielmehr ein sehr feierliches
Sakrament! Sie ist eine Art Weihe! Wie schade eigentlich, daß wir
in der deutschen Sprache für dieses Sakrament einen anderen Ausdruck
haben als für die anderen „Salbungen". Bei Salbung
denken wir an Könige und Priester - und mit Recht! Die Hände
des Priesters werden gesalbt, Schulter und Hüften wurden gesalbt,
die Stirn des Soldaten Christi wird gesalbt, der Scheitel des Täuflings
wird gesalbt. Wir sollten auch bei der letzten, krönenden Salbung
nicht anders denken und empfinden.
Wenn die Kirche in ihrer feierlichsten Lehrentscheidung, die sie
über dieses Sakrament gefällt hat, es „die Vollendung
des ganzen christlichen Lebens" nennt, so tut sie es nicht nur im Sinne
unseres Ausdruckes der „letzten" Ölung, sondern im Sinne der ganzen
Überlieferung, die darüber einhellig und anders empfindet als
wir in unserer Zeit. Heute noch betet der Bischof bei der Weihe des heiligen
Öles am Gründonnerstag: „Durch deine heilige
Segnung möge jedem, der mit diesem Öle himmlischer Heilung gesalbt
wird, Schutz des Geistes und des Leibes zuteil werden.... Du hast ja damit
gesalbt die Priester, Könige, Propheten und Märtyrer"!
Und Scheeben sagt (Mysterien des Christentums, S. 494), man dürfe
die Heilige Ölung nicht bloß als Ergänzung der Buße
verstehen, sondern auch als Vollendung der Firmung, und die letztere Seite
sei als die vorherrschende zu betrachten!
Sakrament
der Vollendung
Zwei Worte kehren bei den großen Theologen, besonders beim
heiligen Thomas bei der Behandlung der Heiligen Ölung immer wieder,
die miteinander die Vollkommenheit ihrer Gnadenwirkung ins hellste Licht
rücken: Die Gnaden-„fülle" und das „vollendete Heil", „so daß
nichts in ihm zurückbleibt, was die Seele beim Weggang aus dem Leib
am Empfang der Herrlichkeit hindern könnte. ... Es gibt ja tägliche
Sünden, von denen der Mensch bei seinem Heimgang durch dieses Sakrament
gereinigt werden muß, damit sich nichts in ihm findet, das dem Empfang
der Herrlichkeit im Wege stünde. ... Daraus wird offenkundig, daß
dieses Sakrament das letzte ist und gewissermaßen die Vollendung
(consummativum, der Ausdruck des Tridentinums!) der ganzen geistlichen
Heilung, und dadurch wird der Mensch
gleichsam zur Teilhabe an der Herrlichkeit bereitet" (Summe gegen die Heiden
IV, c.73).
Es taucht immer wieder auf: Die Heilige Ölung ist die letzte
und unmittelbare Vorbereitung auf die Herrlichkeit - auch des Leibes. Duns
Scotus lehrt: „Da der Mensch nicht im Zustand der Herrlichkeit sein und
nicht in die Seligkeit eingehen kann, wenn er noch läßliche
Sünden hat, so war es angemessen, daß Gott, der den Menschen
nie ohne ein entsprechendes Mittel zum Heil ließ, ein Sakrament anordnete,
das wirksam und unmittelbar und gänzlich im Empfänger die restliche
Nachlassung aller läßlichen Sünden bezeichnet, wodurch
er in das unzerstörbare Heil des ewigen Lebens eingeführt werden
konnte."
In einem Bußbuch, das wahrscheinlich aus dem 8. Jahrhundert
stammt, heißt es: „Diese Salbung muß
sich jeder Gläubige, sofern er kann, zu erlangen suchen; denn es ist
geschrieben (!), daß derjenige, der diese Disziplin hat, dessen Seele
sei nach ihrem Heimgang so rein wie die eines Kindes, welches gleich nach
der Taufe stirbt." Die Sprache ist zwar unbeholfen, aber das
Zeugnis, das noch weiter zurück auf eine uns unbekannte Schrift hinweist,
wird in seinem Wert dadurch nicht im mindesten beeinträchtigt.
Hören wir dazu noch einen Theologen der Ostkirche, den Bischof
Stephan: „Unser Leib hat wegen der innigen Verbindung
mit der Seele Anteil sowohl an der Heiligung der Seele durch die göttliche
Gnade als an ihrer Befleckung durch die Sünde.... Deswegen wird
im Mysterium der Taufe und Firmung nicht bloß die Seele, sondern
auch der Leib mit dem unauslöschlichen Siegel des Heiligen Geistes
gezeichnet. ... Was nun die nach der Taufe begangenen Sünden betrifft,
so wird durch die Buße die Seele gereinigt, aber noch nicht der Leib.
Diesem Zweck dient das Mysterium des heiligen Öles. Wer mit Glauben
sich ihm zuwendet, wird rein und unschuldig an seinem Leibe so wie er aus
dem Taufwasser und der Besiegelung mit dem Heiligen Geiste in der Firmung
hervorgegangen war, gänzlich rein von jeglicher Sünde, Flecken
und Unreinheit, heil von den Wunden und Schwächen der Sünden.
... Diese unsichtbare Heilung ist sichtbar vor Gott, seinen Engeln und
Heiligen."
(Quelle: St. Athanasius Bote, Nr. 3/2019,
S. 9-12, Mainburg) -
LINK:
athanasius.de
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