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1. Kapitel: Die Einsetzung des
heiligen Meßopfers
Da es nach dem Zeugnis des heiligen Paulus im Alten Bund wegen der
Ohnmacht des levitischen Priestertums keine Vollendung gab, so mußte
nach der Anordnung Gottes, des Vaters der Erbarmungen, ein anderer Priester
nach Melchisedechs Ordnung aufstehen, unser Herr Jesus Christus, der alle,
die geheiligt werden sollten, vollenden und zur Heiligkeit führen
konnte (vgl. Hebr 10,14). Dieser unser Gott und Herr hat zwar einmal auf
dem Altar des Kreuzes sich selbst im Tod Gott Vater als Opfer darbringen
wollen, um für jene die ewige Erlösung zu wirken. Weil aber durch
den Tod sein Priestertum nicht ausgelöscht werden sollte, so wollte
er beim letzten Mahl in der Nacht des Verrates seiner geliebten Braut,
der Kirche, ein sichtbares Opfer hinterlassen, wie es die Menschennatur
erforderte, in dem jenes blutige Opfer, das einmal am Kreuze dargebracht
werden sollte, dargestellt, sein Andenken bis zum Ende der Zeiten bewahrt
und seine heilbringende Kraft zur Vergebung der Sünden, die wir täglich
begehen, zugewandt werden sollte. So sagte er von sich, daß er in
Ewigkeit zum Priester bestellt sei nach der Ordnung des Melchisedech (s.
Ps 109,4); er brachte Gott dem Vater seinen Leib und sein Blut unter den
Gestalten von Brot und Wein dar, reichte ihn den Aposteln, die er damals
zu Priestern des Neuen Bundes bestellte, unter denselben Zeichen zum Genuss
und befahl ihnen und ihren Nachfolgern im Priestertum dieses Opfer darzubringen
mit den Worten: Tut dies zu meinem Andenken usf. (Lk 22,19; 1 Kor 11,24).
So hat es die Katholische Kirche stets verstanden und gelehrt. Denn nach
der Feier des alten Osterlamms, das die Schar der Söhne Israels zur
Erinnerung an den Auszug aus Ägypten schlachtete, setzte er das neue
Osterlamm ein, sich selbst, auf daß er von der Kirche durch die Priester
unter sichtbaren Zeichen geopfert werde zum Gedächtnis an seinen Hinübergang
aus der Welt zum Vater, als er uns durch das Vergießen seines Blutes
erlöste, uns der Welt der Finsternis entriß und in sein Reich
versetzte (Kol 1, 13).
Das ist jenes reine Opfer, das durch keine Unwürdigkeit und
Schlechtigkeit derer, die es darbringen, befleckt werden kann, von dem
der Herr durch Malachias vorhersagte, es werde seinem Namen, der groß
sein werde unter den Heidenvölkern, an jedem Ort als reine Gabe dargebracht
(Mal I, II); auf das der Apostel Paulus im Brief an die Korinther nicht
undeutlich anspielte, wenn er sagt, die sich durch Teilnahme am Tisch der
Dämonen befleckt haben, die können nicht teilnehmen am Tisch
des Herrn (1 Kor 10,21). Dabei versteht er unter dem Tisch beidemal den
Altar. Es ist ferner jenes Opfer, das durch die vielfältigen Opfer
zur Zeit des bloßen Naturgesetzes und des geoffenbarten Gesetzes
vorgebildet wurde, da es ja alle Güter, die durch sie bezeichnet wurden,
als ihre Erfüllung und Vollendung einschließt.
2. Kapitel: Das sichtbare Opfer
ist ein Sühneopfer für Lebende und Tote
Weil in diesem göttlichen Opfer, das in der Messe gefeiert
wird, derselbe Christus enthalten ist und unblutig geopfert wird, der sich
selbst am Kreuzaltar dargebracht hat, so lehrt die heilige Kirchenversammlung:
Dieses Opfer ist ein wirkliches Sühneopfer, und es bewirkt, daß
wir „Barmherzigkeit erlangen und die Gnade finden zu rechtzeitiger Hilfe"
(Hebr 4,16), wenn wir mit geradem Herzen, mit rechtem Glauben, mit Scheu
und Ehrfurcht, zerknirscht und bußfertig vor Gott hintreten. Versöhnt
durch die Darbringung dieses Opfers, gibt der Herr die Gnade und die Gabe
der Buße, und er vergibt die Vergehen und Sünden, mögen
sie noch so schwer sein. Denn es ist ein und dieselbe Opfergabe, und es
ist derselbe, der jetzt durch den Dienst der Priester opfert und der sich
selbst damals am Kreuz darbrachte, nur die Art der Darbringung ist verschieden.
Die Früchte jenes Opfers, des blutigen nämlich, werden durch
dieses unblutige überreich erlangt; so wird durch dieses (unblutige
Opfer) jenes (blutige) in keiner Weise verkleinert. Es wird deshalb nicht
nur für die Sünden der lebenden Gläubigen, für ihre
Strafen, Genugtuung und andere Nöte nach der Überlieferung der
Apostel, sondern auch für die in Christus Verstorbenen, die noch nicht
vollkommen gereinigt sind, mit Recht dargebracht.
3. Kapitel: Die Messen zu Ehren
der Heiligen
Die Kirche pflegt zwar manchmal die Messe zu Ehren und zum Gedächtnis
der Heiligen zu feiern. Doch sie lehrt, daß nicht ihnen das Opfer
dargebracht wird, sondern Gott allein, der jene krönte. Deshalb sagt
der Priester auch nicht: Ich bringe dir, Petrus und Paulus, das Opfer dar,
sondern er sagt Gott Dank für ihren Sieg und bittet um ihren Schutz,
auf daß „die im Himmel unsere Fürsprecher seien, deren Gedächtnis
wir auf Erden feiern" (Aus einem Opferungsgebet der Heiligen Messe).
4. Kapitel: Der Kanon der Messe
Das Heilige muß heilig verwaltet werden. Da es nun nichts
Heiligeres gibt als dieses Opfer, so hat die Katholische Kirche, um würdig
und ehrfurchtsvoll zu opfern und zu empfangen, seit vielen Jahrhunderten
den heiligen Kanon eingeführt. Er ist frei von jedem Irrtum und enthält
nichts, was nicht ganz und gar Heiligkeit und Frömmigkeit atmet und
die Herzen der Opfernden zu Gott emporrichtet. Denn er besteht aus Worten
des Herrn selbst, aus den Überlieferungen der Apostel und aus den
frommen Einrichtungen heiliger Kirchenfürsten.
5. Kapitel: Die feierlichen gottesdienstlichen
Handlungen der Messe
Die Menschennatur ist so beschaffen, daß sie nicht leicht
ohne die Beihilfe von außen zur Betrachtung göttlicher Dinge
emporsteigen kann. So hat die gütige Mutter, die Kirche, bestimmte
Formen für den Gottesdienst eingeführt, daß nämlich
in der Messe manches leise, anderes aber mit lauter Stimme gesprochen werden
solle. Ebenso nahm sie gottesdienstliche Handlungen in Gebrauch, wie geheimnisreiche
Segnungen, Lichter, Weihrauch, Gewänder und vieles andere dergleichen
nach apostolischer Anordnung und Überlieferung. Dadurch sollten die
Hoheit dieses großen Opfers zum Bewusstsein gebracht und die Herzen
der Gläubigen mittels dieser sichtbaren Zeichen des Gottesdienstes
und der Frömmigkeit zur Betrachtung der erhabenen Dinge, die in diesem
Opfer verborgen liegen, aufgerufen werden.
6. Kapitel: Messe, in der der
Priester allein kommuniziert
Es wäre zwar der Wunsch der hochheiligen Kirchenversammlung,
daß die anwesenden Gläubigen an den Messen nicht nur mit geistigem
Verlangen, sondern auch durch den sakramentalen Empfang der Eucharistie
teilnehmen, auf daß bei ihnen um so reichere Früchte dieses
hochheiligen Opfers erwachsen. Wenn dies aber nicht immer geschieht, so
verurteilt sie deshalb jene Messen nicht als privat und unerlaubt, in denen
der Priester allein sakramental kommuniziert, sondern sie billigt und empfiehlt
sie, denn auch jene Messen muß man wirklich öffentlich nennen,
teils deshalb, weil das Volk geistigerweise daran teilnimmt, teils deshalb,
weil sie vom Priester als dem öffentlichen Diener der Kirche nicht
nur für ihn allein, sondern für alle Gläubigen, die zum
Leib Christi gehören, gefeiert werden.
7. Kapitel: Vom Wasser, das dem
Opferwein beigemischt werden muß
Endlich mahnt die hochheilige Kirchenversammlung, daß es kirchliche
Vorschrift für die Priester ist, dem Wein, der im Kelch geopfert wird,
Wasser beizumischen, sowohl deshalb, weil auch Christus so getan hat, aber
auch, weil aus seiner Seite zugleich mit dem Blut auch Wasser hervorgegangen
ist. Dieses Geheimnisses wird durch die Vermischung gedacht. Und da in
der Geheimen Offenbarung des heiligen Johannes die Völker Wasser genannt
werden, so wird die Vereinigung des gläubigen Volkes mit Christus
dem Haupt dargestellt.
8. Kapitel: Die Messe braucht
nicht allgemein in der Volkssprache gefeiert zu werden; die Geheimnisse
der Messe soll man dem Volk erklären
Obwohl die Messe viel Lehrreiches für das gläubige Volk
enthält, so schien es den Vätern doch nicht entsprechend, sie
allgemein in der Volkssprache feiern zu lassen. Deshalb sollen überall
in jeder Kirche die alten, von der Heiligen Römischen Kirche, der
Mutter und Lehrmeisterin aller Kirchen, gutgeheißenen gottesdienstlichen
Satzungen beibehalten werden. Auf daß aber die Schafe Christi nicht
Hunger leiden und „die Kleinen nicht um Brot bitten und niemand da sei,
der es ihnen bricht" (Klgl 4,4), so schreibt die heilige Kirchenversammlung
den Hirten und allen Seelsorgern vor, häufig selbst oder durch Stellvertreter
während der Meßfeier etwas von den Meßtexten zu erklären
und unter anderem auch die Geheimnisse dieses heiligen Opfers darzulegen,
besonders an Sonn- und Festtagen.
Lehrsätze
über das hochheilige Meßopfer
1. Wer sagt, in der Messe werde Gott nicht ein wirkliches und eigentliches
Opfer dargebracht, oder die Opferhandlung bestehe in nichts anderem, als
daß uns Christus zur Speise gereicht werde, der sei ausgeschlossen.
2. Wer sagt, durch jene Worte „Tut dies zu meinem Andenken" habe
Christus seine Apostel nicht zu Priestern bestellt, oder nicht angeordnet,
daß sie selbst und die anderen Priester seinen Leib und sein Blut
opferten, der sei ausgeschlossen.
3. Wer sagt, das Meßopfer sei nur Lob- und Danksagung oder
das bloße Gedächtnis des Kreuzesopfers, nicht aber ein Sühneopfer;
oder es bringe nur dem Nutzen, der kommuniziere; und man dürfe es
nicht für Lebende und Verstorbene, für Sünden, Strafen,
zur Genugtuung und für andere Nöte aufopfern, der sei ausgeschlossen.
4. Wer sagt, durch das Meßopfer werde das hochheilige Opfer
Christi am Kreuz gelästert oder herabgesetzt, der sei ausgeschlossen.
5. Wer sagt, es sei ungehörig, Messen zu Ehren von Heiligen
und zur Erlangung ihrer Fürbitte bei Gott zu feiern, wie es die Kirche
will, der sei ausgeschlossen.
6. Wer sagt, der Kanon enthält Irrtümer und sei deshalb
abzuschaffen, der sei ausgeschlossen.
7. Wer sagt, die gottesdienstlichen Handlungen, Gewänder und
äußere Zeichen, deren sich die Katholische Kirche bei der Meßfeier
bedient, seien eher ein Weg zur Gottlosigkeit als ein Mittel zur Frömmigkeit,
der sei ausgeschlossen.
8. Wer sagt, die Messen, in denen der Priester allein sakramental
kommuniziere, seien unerlaubt und deshalb abzuschaffen, der sei ausgeschlossen.
9. Wer sagt, die gottesdienstlichen Satzungen der Römischen
Kirche, nach denen ein Teil des Kanons und die Wandlungworte leise gesprochen
werden, seien zu verurteilen, oder man dürfte nur in der Volkssprache
feiern, oder dem Opferwein im Kelch solle kein Wasser beigemischt werden,
weil das gegen die Einsetzung Christi sei, der sei ausgeschlossen.
(Quelle: Auszüge aus: "St. Athanasius
Bote" Nr. 22/Sept. 2014, S. 3-5, Riedlingen)