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Alte Heiligenlegenden
berichten nicht Sagen oder Märchen, schöne Erzählungen,
sondern die niedergschriebene Wahrheit. Manchmal klingen - besonders für
unsere neuzeitlichen Ohren - die meisten Berichte unglaublich, aber es
hat sich so zugetragen, sonst hätte man das nicht alles aufgeschrieben!
Die nachfolgenden Berichte sollen eine Anregung sein, mehr und besser zu
beten, die Heiligen mehr anzurufen, aber auch mit größerem
Vertrauen Gott zu bitten, uns zu helfen und uns zu beschützen.
Dieses große Vertrauen können wir von der hl. Klara von Assisi
lernen:
In den
vorausgegangenen Beiträgen wurde gezeigt,
was Klara von Assisi
dank der »Vermählung
mit dem König der Glorie«, in seiner Kraft gewirkt hat
für die Kirche
Christi,
für ihre Schwestern
und nun für ihre
Vaterstadt Assisi.
Die Feinde der Stadt
Assisi
warf sie zu Boden
durch
ihre heiligen Gebete.
Der erste Biograph,
Thomas von Celano berichtet:
1. In jenem Sturm,
den die Kirche unter Kaiser Friedrich in verschiedenen Teilen der Welt
aushalten mußte, bekam das Spoletotal häufiger vom Kelch seines
Zornes zu trinken.
Dort lagerten auf
kaiserlichem Befehl Scharen von Kriegsvolk und sarazenischen Bogenschützen
gleich Bienenschwärmen, um Festungen zu zerstören und Städte
zu erobern. Als die Feinde in ihrer Wut sich einmal auf Assisi, die Stadt,
die der Herr besonders liebte, stürzten, und das Heer sich sogar schon
den Stadttoren näherte, drangen die Sarazenen, ein verruchtes Volk,
die nach dem Blute der Christen dürsten und jeglichen Frevel schamlos
wagen, bei San Damiano in die Gemarkungen des Ortes, ja sogar in das Kloster
der Jungfrauen selbst ein.
Die Frauen vergingen
vor Angst, ihre Stimmen erzitterten vor Furcht, und sie brachten ihr Wehklagen
zur Mutter hin. Sie aber, die krank daniederlag, blieb furchtlos und ließ
sich zur Türe führen, vor die Feinde hinlegen und vor sich her
ein silbernes, innen mit Elfenbein ausgelegtes Kästchen, in dem der
Leib
des Heiligen der Heiligen andächtigst verehrt wurde,
tragen.
Als sie sich im Gebete
Christus, ihrem Herrn, ganz und gar anheimgegeben hatte, sprach sie unter
Tränen:
»Willst du,
mein Herr, deine wehrlosen Mägde, die ich in deiner Liebe erzogen
habe, den Händen der Heiden überliefern? Beschirme, Herr, ich
bitte, diese deine Dienerinnen, die ich eben jetzt nicht mehr beschützen
kann.«
Bald hörte sie
von der neutestamentlichen Sühnestätte her eine Stimme (vgl.
Num 7, 89) wie die eines Knäbleins an ihr Ohr dringen: »Ich
werde euch immer behüten.«
»Mein Herr«,
sprach sie weiter, »und wenn es dir
gefällt, so schütze auch diese Stadt, die uns um deiner Liebe
willen ernährt.«
Und Christus antwortete:
»Schwere Heimsuchungen wird sie bestehen müssen, aber durch
meinen Schutz wird sie sich behaupten.«
Da erhob die Jungfrau
ihr tränenvolles Antlitz und stärkte die weinenden Schwestern,
indem sie sagte:
»Im
Glauben beschwöre ich euch, meine Töchter, kein Leid wird uns
geschehen, vertraut nur auf Christus.«
Siehe, ohne Verzug,
allsogleich war der Verwegenheit jener Hunde eine Schranke gesetzt und
sie erbebten.
Sie flohen schleunigst
über die Mauern, die sie bestiegen hatten, und mußten
der Macht der Beterin weichen.
2. Ein
anderes Wunder von der Befreiung der Stadt
Zu einer anderen Zeit
führte Vitalis von Aversa, ein ehrgeiziger und im Kampf beherzter
Mann, das kaiserliche Heer, in dem er Hauptmann war, gegen Assisi heran.
Er ließ im Lande alle Bäume fällen, verwüstete die
ganze Umgebung und schickte sich an, die Stadt zu belagern.
Mit drohenden Worten
versicherte er, keinesfalls von hier zu weichen, bis nicht die Stadt selbst
in seiner Hand sei. Und schon war es so weit gekommen, daß man binnen
kurzem für die Stadt das Äußerste befürchten mußte.
Als Klara, die Dienerin
Christi, das hörte, seufzte sie tief, rief ihre Schwestern zu sich
und sprach:
»Von dieser
Stadt, liebste Schwestern, haben wir täglich viel Gutes empfangen.
Sehr unrecht wäre es, ihr nicht zur rechten Zeit, soviel wir können,
zu Hilfe zu eilen. »Auf zum Herrn! Erbittet
mit ganzer Hingebung die Befreiung der Stadt!« Was
soll ich noch im einzelnen schildern? Was soll ich die Tränen der
Jungfrauen, was die ungestümen Bitten wiederholen? Der barmherzige
Gott schuf am folgenden Morgen mit der Versuchung auch den guten Ausgang
(1 Kor 10, 13): das ganze Heer löste sich auf und der stolze Mensch
mußte abziehen, ohne sein Drohen verwirklicht zu haben.
Fernerhin belästigte
er jenes Land nicht mehr. Er selbst, der Anführer des Krieges, kam
bald darauf durch das Schwert um.
Vertreibung böser
Geister
Eine fromme Frau aus
der Diözese Pisa kam einmal in die Stadt Assisi, um Gott und der heiligen
Klara dafür zu danken, daß sie von fünf bösen Geistern
befreit worden sei. Die Teufel gestanden nämlich bei der Austreibung,
daß nur die Gebete der heiligen Klara sie aus dem Leibe, dessen sie
sich bemächtigt hatten, vertrieben hätten. Nicht ohne Grund hatte
auch der Herr Papst Gregor auf das Gebet dieser Heiligen ein wunderbares
Vertrauen.
Oft, wenn eine Schwierigkeit,
wie es zu geschehen pflegt, auftauchte, bat er demütig flehend die
heilige Jungfrau Klara um ihre Fürbitte. Und erfuhr ihre Hilfe. Er
wußte wohl, was Liebe vermag; und welch freien Zugang reine Jungfrauen
zum Throne Gottes haben.
Wenn nämlich
der König des Himmels selbst sich denen, die ihn glühend lieben,
mitteilt, warum sollte er nicht den demütig Bittenden, wenn es förderlich
ist, willfahren?
Leben und Schriften
der heiligen Klara von Assisi, 58"
(Quelle: "Dienst
am Glauben", Heft 3 - 1994, S. 66f., Innsbruck)