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Vor über 170 Jahren ist die Gottesmutter den Hirtenkindern Melanie
und Maximin in den französischen Alpen bei La Salette erschienen.
Seither waren es stets Kinder und einfache Leute, denen sich Maria offenbart
hat. Die Botschaften sind aber an alle Christen und letztlich sogar an
jeden Menschen gerichtet. Deren zentraler Begriff lautet „Umkehr" bzw.
„Bekehrung". Maria trat mit dieser Aufforderung im 19. Jahrhundert machtvoll
in die Geschichte ein - auf eine Weise freilich, die ganz ihrem Wesen entspricht:
ohne jeden Pomp, in ruhiger Zwiesprache mit einfachen, demütigen und
gläubigen Menschen aus dem Volk.
Der Geist
Gottes wirkt durch sie, auf seine und zugleich auch auf ihre Weise. Und
er weht nach wie vor, wo er will - was auch nicht überaschen sollte.
Der demütigen Einfalt ist der Hl. Geist nahe, der Lauterkeit und von
daher auch den Kinderherzen. Wie sollte er da nicht bevorzugt aus dem Mund
der Muttergottes sprechen? Wir leben somit — bei allen Tendenzen der Abkehr
von Gott - in einem zugleich marianischen und pfingstlichen Aon. Das sollte
und kann bei allen Bedrohungen und Widrigkeiten eigentlich hoffnungsvoll
stimmen. Pessimismus steht Christen ohnehin nie gut an: In Einheit mit
Glaube und Liebe stellt die Hoffnung ja eine der heiligen Tugenden dar!
Der Pfingstgeist ist immer auch ein solcher des Mutes, der Wagnis und der
nie nachlassenden Heilszuversicht.
Einer alten Prophezeiung zufolge — wir finden sie bei Joachim von
Fiore und vielen anderen (selbst bei Dante) - werde die Geschichte der
Menschheit enden mit einem Zeitalter des Hl. Geistes, dem das des Sohnes
(die Zeit des Neuen Testaments) und das des Vaters (die Zeit des Alten
Testaments) vorausgegangen sein werden. Diese pfingstliche Endzeit werde
durch einen Glaubensabfall großen Stils eingeleitet werden. Große
Not breite sich zuvor noch aus. Die verunsicherten und verwirrten Gläubigen
könnten ihre Zuflucht jedoch vor allem - bei der Gottesmutter suchen.
Wir wollen das gerne glauben, ganz nah bei der Gottesmutter bestens
aufgehoben, geschützt, geborgen und in Sicherheit zu sein! Aber indem
der Gläubige Maria ganz nahe kommt, gerät er unweigerlich auch
in den Bannkreis der Passion ... Die Flucht unter den Schutzmantel Marias
führt durchaus nicht immer am Leiden vorbei, sondern sogar oftmals
mitten in dieses hinein. Passion ist allerdings ein Leiden, das Sinn ergibt
und das, von der Ewigkeit her besehen, sogar (so seltsam es zeitgenössischen
Ohren klingen mag) gottgefällig sein kann. Ausnahmslos alle Seherkinder
mussten ihren eigenen Kreuzweg gehen. Glücklich in dieser Welt ist
keines von ihnen geworden.
Darin liegt freilich ein tiefes Mysterium beschlossen, das sich
uns Menschen allenfalls ansatzweise erschließt, sehen wir hier doch
nur wie durch dunkles Glas, besser: „Jetzt schauen wir in einen Spiegel
und sehen nur rätselhafte Umrisse, dann aber schauen wir von Angesicht
zu Angesicht (1 Kor 13,12)". Das Wort des Apostels Paulus vom „Spiegel"
ist deswegen besser als das von der Glassscheibe, weil es uns darauf verweist,
dass wir immer viel zu sehr uns selbst vor Augen haben. Darin besteht der
tiefste Grund für unser „schlechtes Sehen" bzw. mangelhaftes Erkennen.
Auf diese Weise bekommen wir die Dinge nie so in den Blick wie sie selbst
sind. Gott aber sieht alles wie es in Wahrheit ist. Und Paulus gibt uns
einen wichtigen Hinweis auf die Wahrheit, wenn er schreibt: „Für den
Leib Christi, die Kirche, ergänze ich in meinem irdischen Leben das,
was an den Leiden Christi noch fehlt (Kol 1,24)."
Wenn wir in der Heiligen Schrift lesen, ahnen wir die Wahrheit.
Aber wenn wir Gott schauen, schauen wir sie, die Wahrheit über die
„Dinge an sich". Pfingsten, das Hochfest des Hl. Geistes, stimmt uns auf
diese Schau ein, bereitet ihr - gerade auch durch Maria - einen Weg.
In Liebe zu Maria verbunden, Ihr Diakon Sigmund Bonk
(Quelle: "Bote von Fatima",
Mai 2016, S. 42, IMR Regensburg)