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Die Eigenschaften Gottes
Franz Spirago - Katholischer Volkskatechismus
1914
(Fortsetzung)
11. Gott ist höchst gerecht
Weil Gott höchst gerecht ist, sollen
wir ihn fürchten.
Christus ermahnt uns: „Fürchtet
den, der Leib und Seele ins Verderben der Hölle stürzen kann"
(Mt 10,28). Einer einzigen Sünde, nämlich
der Erbsünde wegen, müssen soviele tausend Millionen Menschen
sterben und soviel leiden; unzählig viele werden außerdem ewig
unglücklich. Daraus können wir schließen, wie sehr Gott
gerecht und wie schwer die Strafen des Fegefeuers sein werden. Dasselbe
können wir aus dem qualvollen Kreuzestode Christi schließen.
Nun, wer sollte da Gott nicht fürchten? Doch soll unsere Gottesfurcht
nicht knechtisch, sondern kindlich sein (Röm 8,15), d. h. wir sollen
nicht so sehr die Strafe Gottes, als vielmehr die Beleidigung Gottes fürchten.
„Denn wer nur aus Furcht vor Strafe Gutes tut, hat die Sünde noch
nicht ganz verlassen" (hl. Gr. G.). Kindliche Furcht hat aber nur, wer
Gottesliebe hat. Denn „die vollkommene Liebe treibt die Furcht aus" (1.
Joh 4,18). Doch tue mindestens aus Furcht vor Strafe, was du aus Liebe
zur Gerechtigkeit nicht vermagst! (hl. Aug.).
Die Gottesfurcht bringt uns großen Nutzen;
sie hält uns vor der Sünde zurück, führt zur Vollkommenheit
und zum irdischen und ewigen Glücke.
Die Furcht des Herrn treibt die Sünde aus (Sir 1,27). Die Gottesfurcht hielt den greisen Eleazar zurück, gegen Gottes Gebot Schweinefleisch zu essen. Eleazar sprach: „Wenn ich auch jetzt der Marter der Menschen entginge, so könnte ich der Hand des Allmächtigen weder lebendig noch tot entfliehen" (2. Mach 6,26). Wer den Herrn fürchtet, entrinnt der Nachstellung des bösen Feindes (hl. Ephr.). Wer den Herrn fürchtet, zittert vor nichts (Sir 34,16). Wer Gott fürchtet, wird seine Sinne ebenso wenig zur Sünde missbrauchen, wie ein Mensch, dem in den Körper Nägel eingeschlagen wurden, wegen des Schmerzes seine Glieder bewegen wird (hl. Bas.). Wie der Wind die Wolken vertreibt, so die Gottesfurcht die fleischlichen Begierden (hl. Bern.). Wer Gott fürchtet, schüttelt das Irdische ebenso von sich ab, wie der Schiffer aus Furcht vor dem Seesturm (Job 31,32) die Waren über Bord wirft (hl. Gr. G.). - Die Gottesfurcht bewahrt die Tugend ebenso, wie eine Mauer den Weinberg (Lud. Gran.). Sie ist ein Wächter der Tugend und gleicht einem bewaffneten Soldaten, der das Haus bewacht, und den die Diebe fürchten (hl. Chrys.). Wie die Nadel den Stoff durchbohrt und der Seide den Weg bahnt, so macht es die Gottesfurcht (hl. Aug.); sie bahnt den Weg zur Gottesliebe (hl. Fr. S.). - Die Furcht des Herrn ist der Anfang der Weisheit (Ps 110, 10). Die Menschenfurcht hat Bitterkeiten in sich, die Gottesfurcht aber Süßigkeit; jene macht den Menschen zu einem Knechte, diese aber macht ihn frei (Cassiod.). Die Furcht des Herrn bringt Ehre und Ruhm, wird mit Freude und Frohlocken gekrönt, erfreut das Herz, gibt Luft, Wonne und langes Leben (Sir 1,11). Glückselig der Mann, der den Herrn fürchtet (Ps 111,1). Wir werden den göttlichen Richter einst umso weniger zu fürchten haben, je mehr wir ihn jetzt fürchten (hl. Gr. G.). Ein Sprichwort sagt: „Fürchte Gott und scheue niemand."
Die Gottesfurcht ist ein besonderes Gnadengeschenk Gottes.
Gott sagt: „Ich
will die Furcht vor mir in ihr Herz geben, damit sie nicht von mir abweichen."
(Jerusalem 32,40). Daher bete mit David: „O
Herr! Durchbohre mein Fleisch mit der Furcht vor dir!" (Ps 118,120). Die
Gottesfurcht ist eine Gabe des Hl. Geistes.
Gott ist höchst wahrhaftig, d. h. Gott
offenbart immer nur die Wahrheit (Joh 8,26)
Gott kann weder irren noch lügen. Irren
kann er nicht, weil er allwissend ist; lügen kann er nicht, weil er
höchst heilig ist. „Er, der verboten hat, zu lügen, wird umso
weniger selbst lügen" (hl. Klem. Rom.). Gott ist nicht wie ein Mensch,
dass er lüge; nicht wie eines Menschen Sohn, dass er sich ändere
(4. Mose 23,19). Daher müssen wir alles glauben, was Gott gesagt hat,
selbst das, was wir mit unserem schwachen Verstände nicht begreifen
können; so die Geheimnisse der christlichen Religion: Dreifaltigkeit,
Menschwerdung, Altarssakrament.
Gott ist höchst getreu, d. h. Gott hält
jedes Versprechen und erfüllt jede Drohung.
Die Treue Gottes ist eigentlich nichts anderes
als die Wahrhaftigkeit Gottes in seinen Verheißungen. - Man bedenke,
wie die Drohung im Paradiese (1. Mose 2,17) und die Verheißung des
Erlösers, (1. Mose 3,15) genau in Erfüllung gegangen sind; ebenso
im Jahr 70 n. Chr. die von Christus angedrohte Zerstörung Jerusalems
(Mt 24). Der Tempel zu Jerusalem soll, wie vorausgesagt worden ist (Dan
9,27), bis ans Ende der Welt nie mehr aufgebaut werden. Kaiser Julian begann
im Jahre 361 den Bau des Tempels, allein ein Erdbeben zerstörte die
aufgebauten Mauern, und aus der Erde hervorbrechende Feuerflammen
trieben die Bauleute hinweg (Spirago Beispiele). - Gott bedient sich oft
der Verheißungen und Drohungen, um unsern schwachen Willen mächtig
zu bewegen. Christus selbst wies in seinen Reden beständig auf den
ewigen Lohn oder auf die ewige Strafe hin. Sinnlichen, namentlich rohen
Menschen, sind aber die Drohungen sogar notwendig; denn solche Menschen
lassen sich nur durch die Furcht leiten. Auch das Pferd lässt sich
nur durch die Peitsche bändigen. Doch droht Gott nur deswegen, weil
er gut ist. Wer dir zuruft: „Aufgemerkt", der will dich nicht stoßen.
Geradeso macht es Gott: er droht mit der Züchtigung, um nicht züchtigen
zu müssen (hl. Aug.).
Daher wird auch alles das in Erfüllung
gehen, was Christus und die Propheten vorausgesagt haben und bisher noch
nicht in Erfüllung gegangen ist.
Es wird also nie die Zeit kommen, wo die Katholische
Kirche nicht mehr bestände, oder wo es keinen Papst mehr gäbe
(Mt 16,18). Der Tempel zu Jerusalem wird nie mehr aufgebaut werden (Dan
9,27). Die Juden werden am Ende der Tage in die Katholische Kirche eingehen
(Hos 3,5). Schreckliche Zeichen am Himmel und auf der Erde werden dem jüngsten
Gerichte vorausgehen (Mt 24,29). Christus wird uns einstens von den Toten
auferwecken (Joh 5,18) und richten (Mt 25,32). - Christus sagt daher: „Himmel
und Erde werden vergehen, aber meine Worte werden nicht vergehen" (Mt 24,35).
Wenn wir uns schon auf unseren Mitmenschen verlassen, der uns auf einem
Blatte Papier sein Versprechen gibt; um wie viel mehr müssen wir uns
auf Gott verlassen, der ganze Bücher, nämlich die Hl. Schrift
mit seinen Verheißungen angefüllt hat (hl. Petr. Chr.)!!
(Quelle: "Dienst am Glauben", Heft 4,
Okt. - Dez. 2014, S. 108-110, Innsbruck)