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Meine
Tochter, erweitere dein Herz, um Verfolgungen und Verleum-
dungen
mit Freuden hinzunehmen, wenn dir eine solche Wohltat zuteil
wird.
Die Kinder des Verderbens, die der Eitelkeit dienen und nicht wissen,
welch
kostbarer Schatz es ist, Beleidigungen zu ertragen und zu verzeihen,
setzen
ihre Ehre darein, sich zu rächen. Und doch ist die Rachsucht nach
dem
Naturgesetz das gemeinste und häßlichste aller Laster. Sie ist
der
natürlichen
Vernunft am meisten zuwider und kommt aus einem Herzen,
das
nicht mehr dem eines Menschen, sondern dem eines unvernünftigen
wilden
Tieres gleicht.
Wer
dagegen Beleidigungen verzeiht und vergißt, wird durch diese Groß-
zügigkeit
gleichsam Herr und König der Natur, selbst wenn er auch den
göttlichen
Glauben und das Licht des Evangeliums nicht besitzt. Denn er hat
von
der Natur das, was das Edelste und Ausgezeichnetste an ihr ist, und er
entrichtet
nicht den schmählichen Tribut, sich durch Rache zum unver-
nünftigen
Tier zu erniedrigen.
Verstehe
wohl, meine Seele: Mit ruhigem Herzen Beleidigungen ertragen
und
sie Gott zuliebe verzeihen, ist Ihm wohlgefälliger, als wenn du nach
deiner
Wahl strenge Bußwerke verrichten und dein Blut vergießen würdest-
(Aus:
Maria v. Agreda)
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„Meine
Tochter, Jesus ließ sein Herz, den Sitz der Liebe, durchbohren damit
die
Seelen, durch diese Pforte eintretend, die Liebe in ihrer Quelle kosten
und
genießen
und dort ihren Trost und ihre Zuflucht finden möchten. Auch du
sollst
während der Zeit deiner irdischen Verbannung in der Seitenwunde des
Herrn
all deinen Trost suchen. Dort wirst du die Eigenschaften und Grenzen
der
Liebe kennenlernen und einsehen, wie du als Vergeltung für erlittene
Beleidigungen
Segnungen über jene aussprechen sollst, die gegen dich ein
Unrecht
begangen haben. Du hast ja erkannt, wie ich es tat, als meinem Sohn
das
Herz durchbohrt wurde. Kein anderes Werk ist imstande, auf wirksamere
Weise
vom Allerhöchsten die erwünschte Gnade zu verschaffen.
Ein
Gebet, das man verrichtet, indem man Beleidigungen verzeiht, ist nicht
nur
für den Betenden, sondern auch für den Beleidiger sehr mächtig.
Das
gütigste
Herz meines Sohnes wird gerührt, wenn Es sieht, daß jemand Ihm
im
Verzeihen
und im Gebete für die Beleidiger nachfolgt. So nehmen wir an der
erhabenen
Liebe teil, die der Herr am Kreuze bewiesen hat.
(Aus:
Maria v. Agreda/Bd.3/S.519. Imprimatur)
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