(Zur besinnlichen Lesung und Betrachtung der Liebe Gottes) |
Nachdem der heilige Leib Jesu ins Grab gelegt war, zog sich Maria mit Johannes und den frommen Frauen in den Saal des Abendmahles zurück und sprach ihnen den Dank aus, daß sie während des Leidens ihres geliebten Sohnes bis zu dieser Stunde so standhaft an ihrer Seite gestanden.
I.
Nach der Grablegung
In der Zurückgezogenheit
an diesem Abend beschäftigte sich der Geist der großen Herrin
mit den Werken, welche die heilige Seele ihres Sohnes nach der Trennung
vom Leibe vollbrachte. Denn schon damals erkannte die allerseligste Mutter,
wie die Seele Christi, mit der Gottheit vereint, zur Vorhölle der
heiligen Altväter hinabstieg, um diese herauszuführen. Durch
die Gegenwart der heiligsten Seele Jesu verwandelte sich die Vorhölle
in einen Himmel, weil alles von wunderbarem Glanz erfüllt wurde. Die
darin befindlichen Gerechten wurden beseligt und erhielten die klare Anschauung
der Gottheit. So gingen sie in einem Augenblick zum immerwährenden
Besitz der Glorie. Alle huldigten dem wahren Gott und Erlöser, bezeugten
ihren Dank, verherrlichten ihn mit neuen Lobgesängen.
II.
Ostermorgen
In aller Morgenfrühe
kehrte die Seele Christi ins Grab zurück. Beim Grabe aber standen
viele Engel, die es bewachten und den heiligen, mit der Gottheit vereinten
Leib Christi anbeteten.
1. In einem Augenblick
vereinigte sich die heiligste Seele des Herrn wieder mit dem Leib und verlieh
ihm dadurch unsterbliches Leben. Statt der Linnen wurde er jetzt mit den
Gaben der Glorie gekleidet:
Mit Klarheit
Leidensunfähigkeit
Behendigkeit und
Feinheit.
Diese Gaben gingen
von der Seele unseres Herrn Jesus Christus auf seinen mit der Gottheit
vereinigten Leib über. Diese herrlichen Gaben genau zu bezeichnen,
ist unmöglich, da sie unsere beschränkte Fassungskraft übersteigen.
Sie übertrafen aber bei der Auferstehung bei weitem jene Herrlichkeit,
welche der heilige Leib Christi bei der Verklärung auf Tabor hatte.
Denn jetzt besaß er sie in Fülle:
a) Vermöge der Leidensunfähigkeit war er über jeden Einfluß einer geschaffenen Macht erhaben. Keine Macht konnte und kann ihn verändern oder beschädigen.
b) Vermöge seiner Feinheit wurde die Schwere seines Leibes so erleichtert, daß er, als wäre er ein körperloser Geist, andere Körper zu durchdringen vermochte, ohne von ihnen gehindert zu werden. So ging er durch den Stein des Grabes, ohne ihn von der Stelle zu bewegen, wie er auf ähnliche Weise auch aus dem jungfräulichen Schoß seiner reinsten Mutter hervorgegangen war oder durch geschlossene Türen den Versammlungsraum der Jünger betrat.
c) Die Behendigkeit nahm ihm jede Schwerfälligkeit in der Art, daß er sich leichter als selbst die körperlosen Engel bewegen und aus sich selbst schneller als jene von einem Ort zum andern gelangen konnte und kann. Wie dies bei Erscheinungen vor den Aposteln und bei anderer Gelegenheit geschah.
2. Die heiligen Wunden,
die ehedem seinen heiligen Leib entstellt hatten, erschienen an den Füßen
an den Händen und an der Seite so herrlich strahlend, daß sie
durch die Mannigfaltigkeit ihrer Pracht die Herrlichkeit und die Anmut
des heiligen Leibes erhöhten. In dieser ganzen Schönheit und
Pracht trat nun unser Herr und Heiland aus dem Grabe hervor als siegreicher
Fürst, begleitet von den Engeln und den Heiligen, die er aus der Vorhölle
befreit hatte.
0 wie mächtig
und wunderbar wie siegreich und stark uns sich der „Löwe von Juda",
der Sohn Davids gezeigt!
Niemals hat sich
ein Mensch so schnell und klar erhoben als Christus vom Tode!
III.
Wie Maria auf den Anblick ihres göttlichen Sohnes vorbereitet wurde
Die erhabene Königin
erkannte alle diese Geheimnisse. In dem nämlichen Augenblick, da die
heilige Seele Christi sich mit ihrem Leibe wieder vereinigte und ihm das
Leben mitteilte, teilte sich auch in entsprechender Weise dem Leib der
reinsten Mutter die Freude mit, die in ihrer heiligsten Seele zurückgehalten
und darin sozusagen zurückgedrängt war, weil sie die Auferstehung
ihres heiligsten Sohnes abwarten wollte. Dieser Gnadenerweis war aber so
groß, daß sie dadurch ganz und gar vom Zustand der Pein in
den der Freude, von der Traurigkeit in den der Wonne, von dem des Schmerzes
in den des narrenlosen Jubels und des Trostes versetzt wurde. Zur selben
Stunde kam der heilige Evangelist Johannes, um Maria zu besuchen und sie
zu trösten. Allein wider alles Erwarten fand er sie voll Glanz und
mit den Gaben der Glorie ausgerüstet; während sie zuvor von Traurigkeit
entstellt und fast unkenntlich gewesen war. Von Bewunderung ergriffen,
schaut er Maria mit großer Ehrfurcht an und zweifelt nicht mehr,
daß der Herr bereits auferstanden sei, weil die Gottesmutter vor
Freude ganz verjüngt war.
Während U. L. Frau mit Lobpreisungen sich beschäftigte, fühlte sie in sich, außer der Freude, welche sie empfand, noch andere außerordentliche Gnadenwirkungen, nämlich eine Art Jubel und himmlische Wonne, welche auf wunderbare Weise den Schmerzen und Peinen entsprach, die sie während des Leidens ihres göttlichen Sohnes empfunden hatte. Außer diesen wunderbaren Wirkungen fühlte sie bald noch eine weitere Gunsterweisung: Sie fühlte nämlich, wie ihr ein neues Licht mit jenen Eigenschaften eingegossen wurde, welche der beseligenden Anschauung vorangehen.
(Quelle: "Dienst
am Glauben" Heft 2 - 2006, S. 45f., sehr empfehlenswertes Heft zur traditionellen
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