P. Dr. Hubert van Dijk OSC |
1.
Die erste Freude des Priesters ist es, das heilige Meßopfer darbringen
zu dürfen.
Die
Kirche hat keinen größeren Reichtum hier auf Erden, keinen größeren
Schatz, keinen größeren Segen, als die heilige Eucharistie.
Wenn die Welt, trotz allen Verrates und aller Sünde, immer noch besteht,
dann geschieht dies allein durch die Gnade der heiligen Messe.
Die heilige Messe
ist die Sonne, die täglich über der Schöpfung aufgeht. Ohne
sie würde die Schöpfung erfrieren und sterben.
Der
Priester darf nun durch Gottes unausschöpfliche Güte, umgeben
von einer großen Schar von Engeln, getragen vom Gebet zahlloser Gläubiger
nah und fern, vor den Thron Gottes hintreten und die heiligen Geheimnisse
feiern, die Himmel und Erde miteinander versöhnen.
Dadurch
läßt er, wie Moses in der Wüste, aus dem Felsen einen Brunnen
entspringen, aus dem alle ihren Durst löschen können, und aus
dem überall in der Natur das Leben erblüht, Schönheit und
Fruchtbarkeit, zur Ehre Gottes und zum Heil von Unzähligen.
Kein
Amt ist für die Welt so notwendig wie das Priesteramt. Die „Nachfolge
Christi" (IV, 5) sagt mit Recht: „Im heiligen Opfer verherrlicht der Priester
Gott, er erfreut die Engel, erhöht die Kirche, stärkt die Lebenden,
gewährt den Toten Frieden und gewinnt selbst Anteil an allen Gnaden."
2. Die zweite Freude
ist das Einswerden mit seinem Herrn und Gott.
Der
Glaube lehrt uns, daß der Priester das heilige Opfer in persona Christi
(„in der Person Christi") feiert. Er bringt das heilige Meßopfer
nicht allein kraft der ihm vom Herrn erteilten Sendung dar, nicht allein
im Namen des Herrn, im Gehorsam ihm gegenüber, sondern „in der Person
des Herrn". Das ist ein großes Geheimnis: Im Augenblick der Konsekration
von Brot und Wein kann man den Priester nicht mehr trennen von seinem Herrn:
der Herr selbst wirkt in ihm, der Herr ist mit ihm, er ist im Herrn.
Wenn
er sagt: „Das ist mein Leib", „das ist mein Blut", dann spricht der Herr
diese Worte in ihm und durch ihn.
Von
der Einigkeit des Bandes zwischen Herrn und Diener kann man sich keine
Vorstellung machen: es ist, als würden die Grenzen zwischen dem Herrn
und dem Diener verschwimmen.
Es
ist nicht so, als würde der Priester einfach verschwinden, um dem
Hohepriester - Christus - Platz zu machen. Er muß sprechen, er muß
den Willen haben, das Opfer zu feiern; ohne das würde es nicht zustande
kommen.
Jede
Konsekration müßte für den Priester ein niederschmetternder
Augenblick sein.
Er
sollte erkennen und sich dessen von Tag zu Tag tiefer bewußt werden,
wie unwürdig er ist, und Gott dennoch solche Dinge durch ihn und an
ihm vollbringt. Und zugleich darf er jubeln bei dem Gedanken, daß
er in diesem einen glorreichen Augenblick, an diesem wahren Höhepunkt
seines Priesterlebens, durch die geheimnisvolle Einheit mit seinem Herrn
in den Augen des Vaters von göttlicher Schönheit ist: der Vater
sieht dann im Antlitz des Priesters die Spuren seines einziggeliebten Sohnes.
Dem Sohn - und um des Sohnes willen -, dem Priester, und - durch diesen
und um dessentwillen - dem gläubigen Volk wird er die Versöhnung
nicht verweigern können, sondern ER wird Segen über Segen schenken
in unermeßlichem Überfluß.
0
Demut des Sohnes Gottes, o Liebe des Vaters, o Erhabenheit des Priestertums!
Ein Leben lang studieren und Opfer bringen als Vorbereitung auf die Priesterweihe
- und dauerte diese Vorbereitung auch Jahrzehnte - wäre kein zu hoher
Preis, um nur ein einziges Mal die heilige Messe feiern zu dürfen.
Wie richtig sagt es hier von neuem die „Nachfolge Christi": „Hättest
du selbst die Lauterkeit der Engel und die Heiligkeit eines Johannes des
Täufers, du wärest dennoch nicht würdig, dieses Sakrament
zu verwalten." (I. c.)
3. Die dritte Freude
des Priesters ist es, daß er seinen Herrn in Händen halten darf.
Vielleicht
wird dem sinnenhaften Aspekt der Eucharistie etwas zu wenig Aufmerksamkeit
geschenkt. Es ist deutlich, daß wir hier einem großen Geheimnis
gegenüberstehen.
Was
wir sinnenhaft in den Gestalten von Brot und Wein erleben, ist ja nicht
die eigentliche Beschaffenheit des heiligen Menschseins unseres Herrn,
aber die Wirklichkeit ist deshalb nicht weniger echt. Es ist der Herr,
und der Priester darf IHN tragen. In seinen Händen vollzieht sich
das große Wunder der Transsubstantiation, der Wesensverwandlung von
Brot und Wein in den Leib und das Blut des Herrn. Wenn er die Worte ausspricht,
kommt der Geist Gottes sowohl über die Person des Priesters als auch
über die Gaben: seine Worte erhalten die lebenweckende Kraft, und
unsichtbar vollzieht sich das Geheimnis, auf eine Weise, die vergleichbar
ist mit dem Geheimnis der Menschwerdung, in der Kraft der Überschattung
durch Gottes Geist. Wie sollte der Priester hier nicht erfüllt sein
von einer großen Ehrfurcht und zugleich von einer großen Freude
angesichts dieser unbegreiflichen Nähe Gottes!
Der
Apostel Johannes war noch nach vielen Jahren ganz im Bann des Mysteriums
der Menschwerdung. Sein erster Brief gibt Zeugnis davon: „Was von Anfang
an war, was wir gehört und mit unseren Händen berührt haben;
ich meine das Wort des Lebens, das verkündigen wir euch" (l Joh 1,1).
Hier
müssen wir bei mystisch begnadeten Priestern in die Schule gehen,
bei einem Pfarrer von Ars. Der heilige Pfarrer wußte, wovon er sprach,
als er einmal seine Meinung äußerte: „Die Ursache der Erschlaffung
der Priester ist darin zu finden, daß sie die heilige Messe so gedankenlos
feiern." Was würde er wohl in unseren Tagen sagen über all das,
was Priester und Gläubige meinen, sich dem Allerheiligsten - dem Allerheiligsten
- gegenüber erlauben zu können?
4. Die vierte Freude,
die der Priester bei der heiligen Messe erleben darf, ist das Sehen der
heiligen Gestalt.
Erinnern
wir uns daran, was der Apostel Johannes schrieb über das „Sehen mit
unseren Augen", aber das „Schauen" des Wortes des Lebens. Der Glaube heiliger
Priester war zuweilen so groß, daß sie den Herrn in der heiligen
Eucharistie tatsächlich sahen, als wäre der Schleier des Geheimnisses
vor ihren liebenden Blicken durchsichtig geworden.
Aber
auch wenn der Priester nichts anderes wahrnimmt als die äußeren
Gestalten von Brot und Wein, weiß er: es ist der Herr!
Die
Liebe weiß, ohne zu sehen. Es ist die Erfahrung des Evangelisten
Johannes, des Liebesjüngers: beim wunderbaren Fischfang auf dem See,
nach der Auferstehung, war er der erste, der es begriffen hat und der ausrief:
„Es ist der Herr!" Was für eine wichtige Rolle spielt doch das Sehen
in der Liturgie der Kirche! Wie notwendig ist es vor allem, daß wir
nach der heiligen Hostie blicken!
Freude,
Kraft und Heilung liegen eingeschlossen in diesem Blick auf den Herrn.
Das Sehen des Heiligsten bedeutet Heil für die Seele und oft auch
für den Leib. Der Anblick der Kupferschlange brachte im Alten Bund
den von ihrem Biß Verwundeten Heilung. Im Bild vorausgesagt wurde
da, und Johannes betont dies in seinem Evangelium: „Sie werden aufblicken
zu dem, den sie durchbohrt haben."
Selig
die Augen des Priesters, die sehen, was sie sehen! Dabei kommt einem das
ähnliche Wort des Herrn in den Sinn: „Selig die Augen, die sehen,
was ihr seht!"
Von
der Konsekration bis zur Kommunion dürfen die Augen des Priesters
die Demut des Heilandes in der Gestalt des Brotes schauen. 0 Gnade der
sakramentalen Anbetung des ausgesetzten Allerheiligsten!
5. Die fünfte
Freude des Priesters, die bei der täglichen Feier der heiligen Messe
folgt, ist das Zeigen des Herrn.
Dreimal
darf er dies in der heiligen Messe tun: beim Emporheben der Gestalten nach
der zweifachen Konsekration; beim Aufruf, das Lamm Gottes anzuschauen:
„Seht das Lamm Gottes!" und dann jedesmal, wenn er die heilige Hostie den
Gläubigen reicht:
„Der
Leib Christi!"
Es
ist seine Freude, wie ein Christophorus das Heil der Welt tragen zu dürfen,
es den Gläubigen zu zeigen, und sie zu ermutigen: „Der Herr ist unter
uns!" Er ist das Lamm Gottes, das die Sünden der ganzen Welt, auch
unsere, auch meine Sünden hinwegnimmt.
Außerhalb
der heiligen Messe ist es seine Freude, das Allerheiligste auszusetzen.
Es bei der Prozession feierlich für alle sichtbar zu tragen. Ist das
Allerheiligste nicht wahrlich - nach einem schönen deutschen Wort
- „das höchste Gut"?
Es
ist die Freude des Priesters, allen Notleidenden, allen Seelen, die sich
nach Gott sehnen, diesen Trost zu bringen. Wenn die Kirche in diesem Geheimnis
verankert ist, wird das Schifflein Petri nicht untergehen, wie unruhig
und stürmisch die See auch sein mag.
6. Die sechste Freude
des Priesters und zugleich die der Gläubigen ist von neuem ein wahrer
Höhepunkt: es ist die Vereinigung mit dem Herrn, die heilige Kommunion.
Die
Kirche spricht hier von heiliger Kommunion, weil der Empfang des Leibes
und Blutes des Herrn in der Tat die Einheit, die Vereinigung, die communio
aller Gläubigen mit dem Herrn und durch den Herrn miteinander bewirken.
Der Priester empfängt den Herrn als erster, und er gewinnt hierdurch
- nach einem vorher zitierten Wort der „Nachfolge Christi" - selbst zuallererst
„Anteil an allen Gnaden". Aber er darf auch die Seinen mit dieser Nahrung
stärken und ist dadurch der größte Wohltäter der Gläubigen.
Ohne
Zweifel schafft die Kommunionspendung ein noch tieferes Band zwischen Priester
und Gläubigen.
Dem
Priester ist es eine Freude, daß er den ihm anvertrauten Christen
die für sie so notwendige Nahrung bieten, daß er liebenden Herzen
den geliebten Herrn bringen darf.
7. Die siebente
Freude des die heilige Messe feiernden Priesters ist schließlich
die Realpräsenz, die wirkliche Gegenwart des Herrn.
Der
Heiland hat sich in großer Liebe und einem ebenso großen Vertrauen
an das Wort des Priesters gebunden. Überall kann der Priester - wenn
nötig - das heilige Meßopfer feiern, überall auch - den
kirchlichen Vorschriften gemäß - den Herrn eucharistisch bewahren.
Wie oft müssen doch die Gläubigen - vor allem in unseren Tagen
- die heilige Eucharistie entbehren. Die Kirchen sind tagsüber zumeist
geschlossen, Meßfeiern werden immer seltener angeboten, für
viele Gläubige besteht keine Möglichkeit, täglich, oder
selbst nur sonntags, zu kommunizieren. Der Priester trägt die Gnade
seiner Weihegewalt allzeit in sich! Gerade er ist deshalb gerufen, den
Eucharistischen Herrn zum Mittelpunkt seines Lebens werden zu lassen: Zeit
freizumachen für den persönlichen Besuch des Herrn, für
eine tägliche Begegnung mit dem Heiland, wo sein Herz weit wird in
der Freundschaft mit Jesus, wo er alle Sorgen mit ihm teilen kann, der
uns tröstet und selig macht, wo er erfahren kann, wie dieser als treuer
Freund alle Zeit für ihn hat, und er sich dann gedrängt fühlt,
auch selbst alle Zeit für ihn zu haben. Eucharistische Priester sind
wahre Freunde des Herrn: sie werden weder den Herrn, noch die Gläubigen
enttäuschen.
Wollen
wir daher, liebe Mitbrüder im Priesteramt, liebe Gläubige, den
Herrn um solche eucharistische Priester bitten.
(„Der Fels", Juni 1985,172-174)
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von diesem Heft können Gratisexemplare zum Verteilen bestellt werden.
(Quelle:
"Dienst am Glauben", Heft 3/2008, S. 76ff., Innsbruck)