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Die
Lebensgeschichte Jesu Christi
Franz
Spirago - Katholischer Volkskatechismus 1914
1.
Die Jugend Christi
Die
Geburt Christi wurde der seligsten Jungfrau Maria zu Nazareth vom Erzengel
Gabriel verkündet.
Der Erzengel Gabriel (nach dem hl. Bernard „Kraft Gottes") erscheint
im alten Testamente als der Überbringer jener frohen Botschaften,
die sich auf die Erlösung bezogen. Gabriel brachte dem Propheten Daniel
in der Gefangenschaft die Weissagung von den 70 Jahrwochen (Dan 9,21-24);
er verkündete der Elisabeth die Geburt Johannes des Täufers (Lk
1,19); er brachte Maria zu Nazareth die göttliche Heilsbotschaft (Lk
1,25). Viele meinen, Gabriel sei noch in folgenden Fällen erschienen:
dem Josef, dem Bräutigam Mariens, im Traume, als dieser Maria aus
dem bei Matthäus 1,18 angegebenen Grunde entlassen wollte (Mt 1,18-25);
den Hirten auf Bethlehems Fluren bei der Geburt Christi; dem Heiland auf
dem Ölberg in seiner Todesangst, um ihn zu stärken. Gewöhnlich
ist sein erstes Wort: „Fürchte nicht" oder „Fürchtet euch nicht."
Der Erzengel gab den Auftrag, das Kind Jesus (hebräisch: Jehosua)
zu nennen (Lk 1,31), d. i. Erlöser (Mt 1,21). Daher das Monogramm
Christi: I. H. S. Diesem Monogramm hat man verschiedene Auslegungen gegeben,
z. B. Jesus, Heiland, Seligmacher. Man beachte, dass im hebräischen
Jehosua die fünf Vokale vorkommen: a, e, i, o, u; es ist also auch
ein schön klingender Name. - An die Verkündigung der Geburt Christi
erinnert uns das Fest Maria Verkündigung am 25. März, ferner
das dreimalige tägliche Läuten und der erste Teil des Ave Maria,
der die Worte des Erzengels enthält. - Nach der Verkündigung
der Geburt Christi besuchte Maria ihre Verwandte Elisabeth, um sie zu beglückwünschen;
denn Maria hatte aus den Worten des Erzengels (Lk 1, 36) entnommen, dass
in etwa drei Monaten Zacharias einen Nachkommen erhalten werde. Die 30
Wegstunden von Nazareth bis in die Stadt Juta (= Juda, Lk 1,39) bei Hebron
(südlich von Jerusalem) dürften etwa vier Tage in Anspruch genommen
haben. Von Elisabeth wurde Maria mit jenen Worten begrüßt, die
wir im zweiten Teile des Ave Maria beten. Bei Elisabeth stimmte Maria den
herrlichen Lobgesang Magnificat an (Lk 1). „Maria Heimsuchung" ist in den
meisten Ländern kein gebotener Feiertag und wird von der Kirche am
2. Juli (mancherorts am ersten Sonntage im Juli), also erst nach der Oktav
des Geburtsfestes Johannes des Täufers, gefeiert, da Maria wahrscheinlich
noch nach der Geburt des hl. Johannes d. T. im Hause des Zacharias geblieben
ist.
Christus wurde von
der seligsten Jungfrau Maria zu Bethlehem geboren.
Maria musste sich mit Josef in ihre Heimat, nach Bethlehem, begeben,
weil Kaiser Augustus eine Volkszählung angeordnet hatte (Lk 2,1).
Herrscher befehlen oft und wissen nicht, wozu Gott die Befehle ausnützt.
Maria musste in einem Stall übernachten, weil in Bethlehem kein Platz
mehr für sie war (Lk 2,7). Dieser Stall war ein unterirdischer Kellerraum
außerhalb der Stadt Bethlehem; die Kellergewölbe, die sich hier
vorfanden, sollen von einem zerfallenen Palaste Davids übrig geblieben
sein und den Hirten bei Regengüssen als Unterstand für das Vieh
gedient haben (Kath. Emm.). In den ältesten Nachrichten wird auch
der Ort der Geburt Christi eine Höhle genannt (Ephiphanius, hl. Gr.
N., Theodoret). Höhlen gab es im Hl. Lande zu Tausenden. Noch heute
wird in Bethlehem eine Kalksteingrotte als Geburtsstätte Christi verehrt.
So wie bei der Empfängnis, so fand auch bei der Geburt Christi eine
Ausnahme vom gewöhnlichen Laufe der Natur statt (r. K.). Maria war
frei von den bei 1. Mos. 3,16 erwähnten Folgen der Erbsünde (r.
K.); sie war deshalb frei, weil sie ohne fleischliche Begierlichkeit empfangen
hatte (hl. Bern.). Der hl. Aug. ruft aus: „Siehe, der die Welt trägt,
liegt in der Krippe! Der die Engel speist, wird von der Mutter genährt.
Die Stärke wurde schwach, damit die Schwäche erstarke." Und wieder:
„Ein großer Arzt stieg vom Himmel herab, weil auf Erden ein großer
Kranker lag. Er heilt auf eine ganz neue Art, denn er nimmt unsere Krankheit
auf sich." Der hl. Paulus sagt: „Christus ist arm
geworden, da er reich war, damit wir durch seine Armut reich werden" (2.
Kor 8,9).
Alles, was bei der
Geburt Christi geschehen ist, hat eine tiefe Bedeutung.
1.
Christus wird geboren in Bethlehem (auf deutsch: Ort des Brotes), weil
er das lebendige Himmelsbrot ist (hl. Hier.). Er wird nicht in Nazareth,
sondern in der Fremde geboren, weil er aus seiner wahren Heimat, dem Himmel,
auf die Erde herabgestiegen und hier den meisten Menschen ganz fremd ist.
2. Er wird geboren mitten unter Hirten und Schafen, weil er selbst der
„gute Hirt" (Joh 10,11) einer großen Herde ist. 3. Er wird geboren
in einem Stalle, weil die Erde, auf die er herabgestiegen, im Vergleiche
zum Himmel gleichsam ein Stall ist. Er wird nicht in einem Hause, sondern
in einem Stalle geboren, damit sich ein jeder getraue, sich ihm zu nahen
(hl. Petr. Chr.). 4. Er wird geboren im Verborgenen, weil er der „verborgene
Gott" (Is 45,15) ist, den wir im gegenwärtigen Leben nicht
sehen können, und weil er die Verborgenheit der guten Werke liebt
(Mt 6,1-6). 5. Er lässt sich in die Krippe legen, wo die Tiere das
Futter haben, weil auch er Speise sein wird für die Menschen; er lässt
sich gleich aufs Holz legen, um anzudeuten, dass er deswegen auf die Erde
herabgestiegen, um am Holze zu sterben. (Ähnlich liegt er im Tabernakel.)
6. Er wird in finsterer Nacht geboren, weil damals der größte
Teil der Menschen im Finstern saß und vom wahren Gotte nichts wusste.
7. Er wird im Winter und in kalter Nacht geboren (in Palästina ist
zur Nachtzeit eine bedeutende Kälte), weil es dazumal in den Herzen
der Menschen sehr kalt war, da ihnen die Gottes- und Nächstenliebe
gänzlich fehlte. 8. Christus kommt zur Nachtzeit vom Himmel herab,
so wie der Tau (Jes 45,8), weil er ebenso erfrischend auf die Menschen
wirkt, wie der Tau auf die Pflanzen. 9. Zur Zeit seiner Geburt war der
Janustempel in Rom geschlossen, also auf der ganzen Erde Friede, weil Christus
der Friedensfürst (Jes 9,6) und ein Gott des Friedens (1. Kor 14,38)
ist. 10. Der Heiland kommt als Kind auf die Erde und nicht als erwachsener
Mann, um uns nämlich umso leichter an sich zu ziehen; vor einem großen
Herrn tritt man schüchtern zurück, einem Kindlein aber naht man
sich ohne Furcht, ja man hat sogar Mitleid mit ihm, wenn man seine weinende
Stimme hört. 11. Christus kommt in Armut und Entsagung, um uns zu
sagen, dass nicht der Weg der Genüsse und sinnlichen Freuden, sondern
der der Leiden und Selbstbeherrschung der Weg zum Himmel ist. Auch will
Christus andeuten, dass er ein großer Freund der Armen ist, zu denen
er sich in erster Reihe bei der Verkündigung des Evangeliums wenden
wird (Lk 4,18). 12. Christus lässt ein Licht mitten in der Nacht erglänzen
auf den Feldern Bethlehems, um anzudeuten, dass das Licht der Welt (Joh
8,12) gekommen ist, das mitten in der Finsternis leuchten wird (Joh 1,5).
13. Durch den Lobgesang der Engel lässt er sogleich verkünden,
warum er vom Himmel gekommen sei; er will Gott verherrlichen (Joh 13,32)
und den Menschen den Frieden bringen (Joh 14,27), nämlich den Frieden
mit Gott (Aussöhnung Gottes durch den Kreuzestod), den Frieden mit
sich selbst (die wahre Zufriedenheit, die wir durch Kenntnis und Befolgung
der Lehren des hl. Evangeliums erlangen) und den Frieden mit den Mitmenschen
(durch das Gebot der Nächstenliebe, Feindesliebe, Sanftmut). 14. Er
lässt den Hirten und nicht den stolzen Pharisäern und Schriftgelehrten
seine Geburt durch Engel verkünden, weil er vor den Weisen und Klugen
seine Geheimnisse verbirgt, sie aber den Kleinen offenbart (Mt 11,25),
weil er den Demütigen seine Gnade gibt, sich aber den Hoffärtigen
widersetzt (1. Petr 5,5). Zugleich soll damit angedeutet werden, dass es
so durch alle Zeiten sein wird; den Hoffärtigen, selbst den gelehrtesten,
sind die Lehren Christi ein verschlossenes Buch, die Niedrigen und Demütigen
aber sind von Gott erleuchtet. 15. Zuerst beruft er an seiner Krippe die
Juden, nämlich die Hirten, und dann die Heiden, nämlich die Hl.
Drei Könige. Er will andeuten, dass er zuerst die Juden (Mt 15,24)
und dann durch seine Apostel die Heiden in seine Kirche berufen wird. 16.
Der wunderbare Stern am Himmel soll den Menschen verkünden, dass Christus
der Wunderbare (Is 9,6) vom Himmel herabgekommen ist. 17. Die Volkszählung
zur Zeit seiner Geburt erinnert an die große Volkszählung bei
seiner zweiten Wiederkunft. „Christus beginnt uns also in seiner Geburt
schon zu unterrichten, bevor er noch irgend einen Laut von sich zu geben
beginnt" (r. Kr.).
Zur Erinnerung an
die Geburt Christi feiern wir das Weihnachtsfest.
Das Weihnachtsfest ist am 25. Dezember, also neun Monate nach Maria
Verkündigung. Nach Katharina Emmerich fand die Geburt Christi einen
Monat früher statt, als sie die Kirche feiert, nämlich am 25.
November, dem Gedenktage der hl. Katharina. Jedenfalls ist es sehr auffallend,
dass über der Geburtsgrotte Christi zu Bethlehem eine Katharinakirche
erbaut wurde. Kalender-Reformen sollen dazu beigetragen haben, dass wir
Christi Geburt um einen Monat später feiern. Doch ist die Feier des
Weihnachtsfestes Ende Dezember sehr sinnreich. Da Ende Dezember der Tag
wieder länger wird und das Licht wächst, so wird dadurch vorgestellt,
dass das „Licht der Welt" gekommen ist. Das Wort „Weihnacht" kommt daher,
dass die Heiden Ende Dezember (wo die Nächte sehr lang sind) zu Ehren
des Sonnengottes die sogenannten „geweihten (= heiligen) Nächte" feierten.
Die Kirche hat nun diesen heidnischen „Weihnachten" eine christliche Bedeutung
gegeben. Denn mit Recht war die Nacht, in der Christus geboren wurde, eine
geweihte (d. h. heilige) Nacht, Weihnacht. - Der Tag zuvor heißt
Heiliger Abend und ist ein strenger Fasttag. Am Hl. Abend pflegt man in
vielen Ländern Fische zu essen. Der Fisch, der geschlachtet wird und
uns als Speise dient, war seit jeher ein Sinnbild Christi, der sich für
uns am Kreuze hinopferte und im hl. Altarssakramente unsere Speise ist.
Die Nacht vor dem Weihnachtsfeste heißt Christnacht; in dieser wird
um 12 Uhr (mancherorts einige Stunden später) eine feierliche Messe
gelesen. Dieser Gebrauch kommt daher, dass in den ersten christlichen Jahrhunderten
die Christen an Sonn- und Festtagen schon in der vorausgehenden Nacht in
den unterirdischen Gebetsräumen, den sogenannten Katakomben, zusammenkamen
und um Mitternacht das hl. Messopfer feierten. Dies taten sie, um den Nachstellungen
der Heiden zu entgehen. So kam es, dass die nächtlichen Messen noch
in späteren Jahrhunderten, als die Christenverfolgungen schon längst
vorüber waren, vor allen größeren Festtagen stattfanden.
Da aber in der Nacht Unglücksfälle (Schadenfeuer, Diebstähle)
und Missbräuche (Trunkenheit, Raufereien) sich häuften, wurde
nur noch die Messe in der Christnacht gestattet. Am Weihnachtsfeste kann
jeder Priester drei hl. Messen lesen; diese erinnern an die dreifache Ankunft
Christi: in Menschengestalt zu Bethlehem, in der Brotsgestalt auf dem Altare
und in seiner Majestät am Jüngsten Tage. Die drei Messen erinnern
auch an die dreifache Geburt Christi, nämlich an die ewige von Gott
Vater, an die zeitliche aus Maria und an die geistige in unserem Herzen.
In den meisten Kirchen wird eine Krippe aufgestellt. Die erste Krippe stammt
vom hl. Franz von Assisi. In vielen Häusern wird ein Christbaum errichtet;
er erinnert an den verhängnisvollen Baum im Paradiese (daher Äpfel
daran), aber auch an den Baum des hl. Kreuzes (daher kostbare Sachen und
Lichter daran). Das Aufstellen des Christbaumes ist ein deutscher Brauch.
Die Germanen pflegten nämlich zur Zeit der geweihten Nächte Tannenzweige
in ihren Wohnungen aufzustellen und mit Lichtern zu bestecken, um den Sonnengott
zu ehren. Die christliche Kirche gab dieser heidnischen Gewohnheit eine
christliche Bedeutung. Die Christgeschenke erinnern an das Geschenk, das
die Menschheit an diesem Tage von Gott Vater empfangen hat; man will an
diesem Tage durch Geschenke die Güte und Barmherzigkeit Gottes, der
uns seinen Sohn zur Erlösung sandte, nachahmen. Auf das hl. Weihnachtsfest
folgen: Das Fest des hl. Stefanus, des ersten christlichen Märtyrers,
und die Gedenktage des hl. Johannes Ev. und der unschuldigen Kinder. Die
Kirche will sagen: Wenn du zu Christus kommen willst, so musst du wie Stefan
ein Märtyrer werden, wenn auch nicht ein blutiger, so doch ein unblutiger
durch Selbstbeherrschung und Leiden; du musst wie Johannes Gott und den
Nächsten lieben und besonders Werke der Barmherzigkeit verrichten;
du musst endlich vor Gott so wie ein Kind sein."
Die vier Wochen vor Weihnachten heißen Advent (adventus =
Ankunft), d. i. Ankunft des Herrn; durch sie werden nämlich die 4000
Jahre vor der Ankunft Christi vorgestellt. Die Adventszeit, die uns an
das Elend der Heiden und an den Sündenfall erinnert, galt stets als
eine Zeit der Buße; daher bestand schon frühzeitig (um 480)
die Vorschrift, im Advente dreimal wöchentlich zu fasten. An den Adventsonntagen
werden die Bußpredigten Johannes des Täufers als Evangelium
vorgelesen; auch wird die Messe in violetter Farbe dargebracht. Wenn am
ersten Adventsonntage das Evangelium vom Jüngsten Gericht vorgelesen
wird, so will uns die Kirche gleich zu Beginn des Kirchenjahres an unser
letztes Ziel und Ende aufmerksam machen. Der Advent schließt am 24.
Dezember mit dem Gedenktage der Stammeltern Adam und Eva. Die Kirche will
durch diese Gegenüberstellung des ersten Adam (am 24. Dez.) uns an
die große Erbarmung Gottes erinnern, die sich in der Menschwerdung
zeigte. Der Advent fällt in die Zeit, wo es in der Natur finster und
kalt ist, weil es in den 4000 Jahren vor Christus finster im Geiste und
kalt in den Herzen der Menschen war. (Man denke nur an den Götzendienst,
an die Sklaverei und die Menschenopfer.) Die freudigen Roratemessen, die
täglich im Advent zeitlich früh gelesen werden, sollen zum Ausdrucke
bringen, dass mitten in den Finsternissen des Heidentums die Patriarchen
und das auserwählte Volk das Licht des wahren Glaubens hatten und
sich auf den Erlöser freuten, sehnsuchtsvoll flehend: „Tauet
(rorate) Himmel den Gerechten, Wolken regnet herab" (Jes 45,8).
Mitten in den Advent fällt das Fest der Unbefleckten Empfängnis
(8. Dez.), weil man in den 4000 Jahren vor Christus auf jenes sündenreine
Weib wartete, das der Schlange den Kopf zertreten sollte.
Das neugeborene
Kind wurde zuerst von den Hirten und dann von den Hl. Drei Königen
angebetet.
Die Hirten, die auf den Feldern Bethlehems Nachtwache bei ihren
Herden hielten, erfuhren durch einen Engel, dass Christus geboren sei (Lk
2,9). Die Hl. Drei Könige aus dem Morgenlande (d. i. aus einem im
Osten von Palästina gelegenen Lande) sahen einen wunderbaren Stern,
der sie zur Krippe hinführte (Mt 2,9). Dieser Stern bewegte sich am
Himmel nach verschiedenen Richtungen; er verschwand auch zuweilen und führte
die drei Könige bis zur Krippe nach Bethlehem. Katharina Emmerich
sagt in ihren Visionen, dass in diesem Sterne viele Bilder zu sehen waren,
so z. B. bald ein Kind mit dem Kreuze, bald wieder eine Frau mit einem
Kinde, ein andermal wieder ein Kelch und daneben Weintrauben und Kornähren,
eine Kirche, die Buchstaben „Judäa" usw. Somit war dieser Stern eine
himmlische Erscheinung. Jene Astronomen, die ausfindig zu machen suchen,
welche Sterne damals am Himmel beisammengestanden seien, geben sich unnütze
Mühe. - Die Hl. Drei Könige hatten einen sehr weiten Weg zurückzulegen.
Nach Katharina Emmerich war ihre Heimat 60 Tagreisen zu je zwölf Stunden
entfernt; bei der Schnelligkeit ihrer Kamele legten sie aber diesen Weg
in 33 Tagen zurück. Die Hl. Drei Könige zeigen durch ihre Geschenke
an, wer der ist, den sie anbeten (hl. Iren.). Gold, das Sinnbild der Treue,
bringen sie ihm, weil er ein König ist; Weihrauch, das Sinnbild des
Gebetes, weil er Gott ist; bittere Myrrhen, das Sinnbild der Abtötung,
weil er Erlöser ist und als solcher viel leiden wird. Die Hl. Drei
Könige gingen auf einem andern Wege in ihre Heimat zurück, wodurch
angedeutet wird, dass wir sündhafte Menschen nur dann in unsere wahre
Heimat, ins Paradies, zurückgelangen können, wenn wir den Weg,
den wir bisher gewandelt sind, verlassen und den Weg der Buße, des
Gehorsams, der Selbstbeherrschung betreten (hl. Gr. G). - Die Hirten waren
die Vertreter der Juden (auch der Armen), die Hl. Drei Könige Vertreter
der Heiden (auch der Reichen). Dadurch, dass Könige zum neugeborenen
Heilande geführt wurden und diesen anbeteten, war angedeutet worden,
dass Christus der „König der Könige", also Gott ist. Die
Reliquien der Hl. Drei Könige wurden vom Kaiser Barbarossa aus Mailand
nach Köln übertragen (1162); hier ruhen sie im Kölner Dom.
- Das Fest der Hl. Drei Könige ist am 6. Januar; tags zuvor wurden
in früheren Zeiten in der morgenländischen Kirche die Heiden
getauft. Noch heute ist an diesem Tage in manchen Ländern die Wasserweihe
und die Weihe von Kreide und Salz. Man schreibt die Anfangsbuchstaben von
den Namen der Hl. Drei Könige samt dem hl. Kreuzzeichen an die Türen,
um unsere Wohnungen unter ihren Schutz zu stellen. Das Fest der Hl. Drei
Könige heißt auch das Fest der „Erscheinung", weil die Hl. Drei
Könige durch die Erscheinung eines Sternes zu Christus geführt
wurden; weil ferner in früheren Zeiten an diesem Tage Christi Geburt,
also die Erscheinung Christi auf Erden, gefeiert wurde. (In der griechischen
Kirche dauert deshalb der Advent auch alljährlich bis zum Feste der
Erscheinung.) Dieser Tag ist auch deshalb merkwürdig, weil an dem
nämlichen Jahrestage Christus im Jordan getauft wurde und sein erstes
Wunder zu Kana gewirkt hat. Am Dreikönigsfeste sieht man in der Kirche
bei der Krippe die Darstellung der Hl. Drei Könige. Diese sind zumeist
so abgebildet, dass durch sie die drei Hauptrassen (die weiße, gelbe,
schwarze) dargestellt werden. Der Mohr steht gewöhnlich zurück,
weil die Söhne Chams am langsamsten zum Christentum gelangen.
Als das Kind acht
Tage alt war, erhielt es bei der Beschneidung den Namen „Jesus"
(Lk 2,21).
Die Beschneidung war eine Zeremonie, die zur Reinigung von den Lastern
aufforderte (hl. Ambr.). Jesus (hebräisch: Jehoschua) heißt
„Heiland" oder Retter. Dieser Name ist, wie der hl. Paulus sagt, über
allen Namen (Philipp. 2,9). Denn er wurde von Gott selbst gewählt
und der Jungfrau Maria verkündet (Mt 1,21). Auch hat dieser Name eine
große Kraft. Die Anrufung dieses Namens bringt Hilfe in der Versuchung
und im Unglücke; die höllischen Geister weichen vor diesem Namen
(Mk 16,17). Die Propheten nannten den Namen des kommenden Erlösers
gewöhnlich „Emanuel", d. i. „Gott mit uns" (Is
7,14). - Das Fest der Beschneidung am 1. Januar ist zugleich das
Neujahrsfest. Die Kirche will uns dadurch ermahnen, alles im Namen Jesu
zu beginnen und unser Herz von aller Sünde und Unreinigkeit zu beschneiden
(Kol 2,11), wenn es uns im neuen Jahre gut gehen soll. Erst Papst Innozenz
XII. setzte 1691 fest, dass am 1. Januar das neue Jahr zu beginnen habe;
zuvor war meistens überall das Weihnachtsfest der Anfang des neuen
Jahres. Der Tag vor Neujahr, der Gedenktag des hl. Sylvester, war früher
ein Feiertag. Daher hat sich an diesem Tage bis heute der feierliche Gottesdienst
erhalten, der anlässlich des Jahresschlusses stattfindet. Es gebührt
sich übrigens, am Ende des Jahres Gott zu danken; dadurch erlangt
man neue Gnaden für das kommende Jahr. Toren sind, die diesen Tag
in Lustbarkeit beschließen. - Das Fest des Namens Jesu feiert die
Kirche erst am zweiten Sonntag nach dem Feste der Hl. Drei Könige.
Es ist eingeführt worden von Papst Innozenz XIII. auf Ersuchen des
Kaisers Karl VI. um 1722.
Als das Kind 40
Tage alt war, wurde es im Tempel zu Jerusalem aufgeopfert (Lk2,39).
Nach Katharina Emmerich begab sich die Heilige Familie in der siebenten
Lebenswoche Jesu aus Bethlehem zum Tempel nach Jerusalem und von da nach
Nazareth. Maria erfüllte die Vorschrift des Moses (3. Mos 12), obwohl
sie als Sündenlose einer Reinigung nicht bedurfte. Maria opferte Christum
auf, weil sich Gott nach Tötung der Erstgeburt der Ägypter die
Erstgeburt der Israeliten als Eigentum vorbehalten hat (4. Mos. 8,17).
Christliche Mütter ahmen das Beispiel der Mutter Gottes nach und machen
den ersten Gang mit ihrem neugeborenen Kinde zum Gotteshause, wo sie ihr
Kind Gott aufopfern und eine Gabe, gewöhnlich zwei Kerzen, darbringen.
Hier segnet der Priester Mutter und Kind. (Die sogenannte Einsegnung der
Wöchnerinnen.) - Das Fest „Maria Reinigung" am 2. Februar wird auch
Maria Lichtmess genannt; an diesem Tage ist nämlich in der Kirche
vor der Messe eine Prozession mit brennenden Wachskerzen, weil der greise
Simeon im Tempel Christum „das Licht zur Erleuchtung
der Heiden" (Lk 2,32) genannt hatte. Daher der Ausdruck: Messe der
Lichter, Lichtmesse. Diese Prozession mit Lichtern wurde deswegen eingeführt,
weil die Heiden im Februar, wo auf unserer Erdhälfte das Licht auffallend
zunimmt, zu Ehren ihrer Götter Umzüge mit Fackeln hielten. Dieser
heidnische Gebrauch sollte durch diese Prozession verdrängt werden.
Vor der Prozession findet in der Kirche die Kerzenweihe statt. Dabei fleht
der Priester um Erleuchtung und Schutz für alle, die diese Kerzen
mit Andacht aufbewahren. Es ist deshalb kein Aberglaube, wenn man bei Gewittern
oder in der Todesstunde diese Kerzen anzündet und mit Rücksicht
auf jenes Gebet des Priesters Gott um Schutz anfleht. - Am Tage nach Maria
Lichtmess, am 3. Februar, ist der Gedenktag des hl. Blasius. An diesem
Tage segnen die Priester mit zwei geweihten, brennenden, in Form eines
Andreaskreuzes gehaltenen Kerzen die Gläubigen, weil der hl. Blasius
auf ähnliche Weise einen halskranken Knaben vom Tode wunderbar gerettet
hat. (Dieser Brauch besteht aber nicht in allen Ländern; mancherorts,
so in Rom, salben die Priester den Hals mit geweihtem Öl.) Die brennenden
Kerzen an beiden Tagen sinnbilden Christum, der das „Licht der Welt" ist;
man denke an die Worte Simeons, die dieser bei der Aufopferung Christi
im Tempel sprach.
Die ersten Jahre
seiner Jugend brachte Christus in Ägypten zu und dann hielt er sich
bis zu seinem 30. Lebensjahre in Nazareth auf (Mt 2).
Ein Engel ermahnte Josef zur Flucht, weil Herodes das Kind töten
wollte (Mt 2,13). Das Jesukind war etwa drei Monate alt, als es von Nazareth
nach Ägypten floh (Katharina Emmerich). Hierauf ließ Herodes
alle Knäblein aus der Umgebung Bethlehems, die noch nicht zwei Jahre
alt waren, ermorden (Mt 2,16). Dieses Strafgericht kam über die Mütter
Bethlehems wegen ihrer Unbarmherzigkeit gegen den menschgewordenen Sohn
Gottes; sie haben nämlich die Mutter Gottes und den hl. Josef damals
von sich gewiesen, als diese in Bethlehem eine Herberge suchten. Die unschuldigen
Kinder aber verloren nichts durch ihren Märtyrertod; denn sie erlangten
durch ihre Bluttaufe die Freuden des Himmels. Die Zahl der getöteten
Kinder belief sich nach der Überlieferung auf einige Hundert. Die
Seherin Katharina Emmerich sagt, es seien über 700 gewesen; die Mütter
seien mit ihren Knäblein durch Soldaten nach Jerusalem berufen worden,
wo ihnen in einem großen Gebäude die Kinder weggenommen und
diese dann in einem Hofraum von 20 Henkersknechten getötet
und verscharrt wurden. Der hl. Antonin sagt: „Herodes hat die Kinder an
einen bestimmten Ort bringen und sie dann alle umbringen lassen." Viele
Gebeine der unschuldigen Kinder kamen im Mittelalter durch die Kreuzfahrer
nach Europa und befinden sich jetzt in manchen Kirchen, so in Andechs (Bayern)
und im Münster zu Aachen. In einer Vorstadt von Kairo (damals Heliopolis)
verehrt man seit jeher den Wohnort der Hl. Familie. Das durch die Anwesenheit
des Jesukindes geheiligte Ägypten wurde später von Tausenden
von Mönchen bevölkert, die ein engelgleiches Leben führten.
Man denke z. B. an den hl. Anton d. Einsiedler und den hl. Paul von Theben.
Hier wurde auch vom hl. Pachomius auf einer Nil-Insel das erste Kloster
gegründet (340). - Nach dem Berichte der Katharina Emmerich war das
Jesuskind sieben Jahre (also eine Jahreswoche) in Ägypten und kehrte
im achten Lebensjahre aus Ägypten zurück. Nach der Rückkehr
aus Ägypten lebte Christus in Nazareth. Christus wählte sich
gerade jenes Land und jene Stadt zum Aufenthaltsorte, die von den Juden
am meisten verachtet wurde; er wollte uns damit die Demut lehren. Er führte
bis zum 30. Lebensjahre ein verborgenes Leben, um uns die Zurückgezogenheit
vor der Welt zu empfehlen. In Nazareth half Jesus seinem Nährvater,
dem Zimmermann Josef, arbeiten. Daher sprachen die Leute, als später
Christus in der Synagoge seiner Vaterstadt lehrte: „Ist
er nicht der Zimmermann?" (Mk 6,3) - Während seiner Lehrtätigkeit
wohnte Christus in Kapharnaum (Mt 4, 13), das daher „seine Stadt" genannt
wird (Mt 9,1). Nach Katharina Emmerich starb um das 30. Lebensjahr Christi
der hl. Josef, sein Nährvater, worauf Christus mit seiner Mutter in
die am See Genezareth gelegene Stadt Kapharnaum übersiedelte.
Als Christus zwölf
Jahre alt war, reiste er nach Jerusalem in den Tempel.
Hier setzte er die Schriftgelehrten durch seine Weisheit in Staunen
(Lk 2,41 ff.). Durch die Antwort, die Christus seinen Eltern im Tempel
gab, gab er zu verstehen, dass sie nicht das Recht haben, ihn an dem von
Gott gegebenen Berufe zu hindern. Er war auch ohne ihr Wissen in Jerusalem
zurückgeblieben, damit sie nicht die Gelegenheit hätten, ihn
in seinem Berufe, den er vom Vater hatte, zu hindern, und um nicht den
Schein zu erwecken, als ob er ihnen nicht gehorchte (Beda). Von dem Jesuknaben
hieß es: „Er nahm zu an Weisheit, Alter und
Gnade" (Lk 2,52), d. h. mit zunehmendem Alter offenbarte er immer
mehr sein Wissen und die ihm innewohnende Gnade.
Als Christus herangewachsen
war, kündigte Johannes der Täufer in der Wüste das öffentliche
Auftreten Christi an.
Über Johannes den Täufer wissen wir Folgendes: Der Erzengel
Gabriel hatte die Geburt Johannes des Täufers dem Vater Zacharias
im Tempel während des Opferns angekündigt. Zacharias wollte nicht
glauben und wurde stumm (Lk 1). Bei der Geburt des Kindes erlangte er die
Sprache wieder und betete den herrlichen Lobgesang Benedictus (Lk 1,57-80).
Johannes der Täufer lebte schon seit seiner frühesten Jugend
in der Wüste und bereitete sich hier durch ein strenges Bußleben
auf sein Amt als Vorläufer des Erlösers vor. Endlich, als Christus
etwa 28 Jahre alt war (Lk 3,1), trat Johannes auf Befehl Gottes aus der
Einsamkeit hervor und hielt am Jordan den massenhaft zuströmenden
Juden strenge Bußpredigten, kündigte den kommenden Erlöser
an und taufte (Mt 3). Einmal sah er Christum kommen; da rief er aus: „Siehe,
das Lamm Gottes, das hinwegnimmt die Sünden der Welt" (Joh 1,29).
Da Johannes den König Herodes seines sündhaften Lebens wegen
tadelte, ließ ihn dieser einkerkern (Mk 6,18) und später bei
Gelegenheit eines Gastmahles enthaupten (Mt 14). Johannes ist das Vorbild
der Einsiedler. Die Kirche feiert das Geburtsfest Johannes des Täufers
am 24. Juni, also zur Zeit der Sonnenwende, weil der hl. Johannes an der
Scheide des Alten und des Neuen Testamentes steht. Das Geburtsfest wird
gefeiert (bei anderen Heiligen nur der Sterbetag), weil Johannes der Täufer
schon bei der Geburt geheiligt war.
(Forts. folgt in einigen Monaten)
(Quelle: "Dienst am Glauben",
Heft 3.2017, S.73-81, A-6094 Axams)